Und die Unsicherheiten werden auch nicht weniger, indem man sich allmählich an Putins ständig wiederholte Drohungen gewöhnt. Sollte man sie irgendwann einfach nicht mehr ernst nehmen? Putin, so könnte man meinen, wird doch nicht so verrückt sein, auf den roten Atomknopf zu drücken und sich letztendlich damit selbst vernichten. Oder wie lautet das Sprichwort: Hunde, die bellen …
Wie weit wird Putin in der Ukraine gehen?
Leider hat Realpolitik wenig mit Aphorismen zu tun, und Wladimir Putin ist immer noch der weltgrößte Meister in der sogenannten strategischen Mehrdeutigkeit. Die da lautet: den Gegner im Unklaren lassen, nie verraten, was der nächste Schritt ist. Was sind seine Ziele in der Ukraine? Wie weit wird er gehen, besonders jetzt, wo immer offensichtlicher wird, dass der Ukraine die Verteidigungskräfte ausgehen?
Putins Rede an die Nation – auch ein bisschen an die ganze Welt – hat jedenfalls keine Antworten geliefert. Verglichen mit seinen früheren Ansagen aber überraschte das geringe Maß an Geschichtsmythen, antiwestlichen Verschwörungstheorien und angriffiger Rhetorik. Zumindest keine neue Aufkündigung gemeinsamer Rüstungsabkommen, keine neuen Katastrophen, könnte man meinen. Selbst die Separatisten in Transnistrien, die Moskau tags zuvor so dringend um „Schutz“ gebeten hatten, würdigte der Kremlherr keines Wortes. Gibt also allein schon diese Nicht-Verschlechterung zarte Hoffnung auf eine Verbesserung der Lage?
Vielleicht aber hat Putin dem tausend Mal Gesagten einfach nichts Neues mehr hinzuzufügen: Der Westen bedroht Russland, die NATO ist schuld am Krieg, und der ukrainische Staat existiert gar nicht. Denn wie sagte Putin: „Unsere Soldaten an der Front verteidigen ihr Mutterland.“ Doch Mütterchen Russland, das liegt weit entfernt von den in ukrainischen Schützengräben sterbenden russischen Soldaten. Und daran wird sich so schnell nichts ändern.
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