Es hätte sein Tag werden sollen. Am Samstag wird Notre-Dame wiedereröffnet, restauriert in nur fünf Jahren, so wie Emmanuel Macron es versprochen hat. Der gloriose Präsident, umringt von globalen Schwergewichten – das war seine Idee.
Macron wird dort sitzen, allerdings so schwach wie nie, und ohne seinen Premier. In dieser Woche konnte Frankreichs Präsident nämlich besichtigen, was er sich selbst eingebrockt hat: Seine Regierung wurde scheibchenweise abgetragen, von einer seltsamen Koalition aus extremen Linken und Rechten. Marine Le Pen als Frontfigur hatte Spaß daran, Premier Michel Barnier immer wieder zu torpedieren – wann immer er einen Schritt auf sie zuging, wich sie zurück. Bis er fiel.
Das entwürdigende Schauspiel wird sich wohl bald wiederholen, wenn Macron einen neuen Premier sucht. Denn Marine Le Pens eigentliches Ziel ist nicht der Regierungssturz, sondern Macron selbst: Sie will in den Élysée, sie will Frankreichs Präsidentin werden – um jeden Preis. Geebnet hat Macron ihr den Weg dorthin selbst. Dass er nach der verlorenen EU-Wahl Neuwahlen ausrief, war kein politischer Coup, sondern ein Ergebnis gekränkter Eitelkeit. Er hielt den Wahlerfolg von Le Pens Rassemblement National für eine Irrung der Geschichte; und genau diese Überheblichkeit legte er jetzt an den Tag, als der dritte Premier seiner Amtszeit von genau diesen Blöcken abmontiert wurde: 4.000 Kilometer entfernt vom Geschehen ließ er sich im weißen Hemd und mit Pilotenbrille in einer Oase in Saudi-Arabien ablichten. Entrückter geht es kaum.
Das erinnert frappant an andere Politiker, deren Sitzfleisch größer war als ihre staatspolitische Verantwortung. Joe Bidens Gebrechlichkeit war schon lange demokratiegefährdend, bevor er abtrat. Olaf Scholz will auch als unbeliebtester Kanzler aller Zeiten wieder kandidieren.
Auch Macron tut einen möglichen Rücktritt als „politische Fiktion“ ab. Was er dabei verkennt: Auch das nützt nur Le Pen. Schon jetzt würde sie die Präsidentschaftswahl gewinnen; sie braucht nur zusehen, wie er jeden Tag unbeliebter wird.
Diese als Stabilität getarnte Selbstüberschätzung ersetzt aber weder Programm noch Perspektive. Sie verkauft die Wähler nur für dumm. Und Macron, Scholz und Biden bestätigen so leider auch das Klischee der Rechtspopulisten, die von der abgehobenen Polit-Elite erzählen, die nur aus Eigennutz am Sessel klebt, die eigenen Vorteile sucht. Joe Biden, der seinen Sohn begnadigt hat, hat das gerade eindrucksvoll bestätigt.
Die Wähler machen ihr Kreuz darum gleich bei denen, die kein Hehl daraus machen, dass sie Politik für einen Selbstbedienungsladen halten. Donald Trump, der sich damit sogar brüstet, wird am Samstag neben Macron sitzen – und ihn ziemlich sicher überstrahlen.
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