Dabei hatte sich Van der Bellen davor so schön bemüht, Signale in alle politischen Richtungen auszusenden und sogar Mozart in einem Atemzug mit Gabalier genannt. Hat nix genützt, diese Rechtskurve.
Aber hat Van der Bellen nicht auch recht, wenn er in Zeiten der geistigen Rückabwicklung einst entstandener großer Ideen vor „Verzwergung“ warnt? Im Prinzip schon. Wobei „Verzwergung“ als Wort politisch gar nicht mehr korrekt ist, kein Kleinwüchsiger würde sich heute als „Zwerg“ bezeichnen, es sei denn, er spielt eine Rolle in einem Märchen.
Wäre Österreich ohne EU, der wir vor genau 30 Jahren beigetreten sind, nicht tatsächlich ein „Zwerg“? Natürlich, und die in einem solchen Fall zu erwartenden Allianzen würden die Situation viel schlimmer machen.
Ist es nicht bezeichnend, dass die kleinste der künftigen möglichen Regierungsparteien, in Kenntnis der österreichischen Realverfassung, vorschlägt, dass vor einem Regierungsabkommen die Landeshauptleute befragt werden müssten? Wenn solches von der ÖVP käme, wäre es logisch, von einer selbst ernannten Reformpartei ist dieses Ansinnen aber ein Hofknicks noch vor der ersten Amtshandlung.
Nein, VdB hat nicht recht, falls er gemeint hat, dass es Souveränität nicht ohne „Verzwergung“ geben kann. Aber er hat recht, dass Populisten (nicht nur in Österreich) das große Ganze durch das Vorgaukeln vermeintlicher Souveränität auszuhöhlen versuchen, um sich in Folge selbst als Souverän einzusetzen. Und es stimmt auch, dass bei der neuerdings so beliebten Rückkehr ins Private und zu kleineren Einheiten das übergeordnete Interesse nicht aus den Augen geraten darf. Die Gefahr der „Verzwergung“ existiert, ideologisch, gesellschaftspolitisch, kulturell und leider gerade auch wirtschaftlich.
Lange Zeit war „Think Big“ das Non-plus-Ultra. „Think Small“ mag Charme haben. Aber die Gefahr des Bedeutungsverlustes durch Egozentrik ist besonders big.
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