Grund, die Matura als solche infrage zu stellen, wie dies in periodisch wiederkehrenden Abständen – zuletzt seitens der Wiener SPÖ – geschieht, gibt es dennoch keinen. Hier immerhin hat die ÖVP bislang allen zeitgeistigen Versuchungen wacker widerstanden (was sich, nebenbei bemerkt, nicht bei allen Themen sagen lässt, aber das ist eine andere Geschichte). Die dahinterstehende Überlegung, die für eine Beibehaltung der Matura (wie auch der Ziffernbenotung) spricht, ist: Leistung, Konkurrenz, Wettbewerb, ja, auch ein gewisses Maß an Druck gehören zum wirklichen Leben jedenfalls dazu. Diese möglichst lange von den Heranwachsenden fernzuhalten, mag (für Schüler wie Lehrer) opportun erscheinen, rächt sich aber leider später. „Lehrkräfte, die für die Berufsorientierung verantwortlich sind, sehen die Entwicklung von ‚Resilienz und Stresstoleranz‘ als eine der wichtigsten Fähigkeiten, die den Schülerinnen und Schülern für ihre Zukunft am Arbeitsmarkt fehlen“, konnte man dieser Tage auf orf.at unter Berufung auf die Psychotherapeutin Barbara Haid lesen.
Wichtiger auch als einzelne Inhalte sind Urteils- und Artikulationskraft – was nichts mit ideologischer Indoktrinierung zu tun hat, im Gegenteil. Denn Basis jeder Debatte muss die Kenntnis der Fakten sein – die Lust am Diskutieren erspart nicht die Mühe der inhaltlichen Auseinandersetzung und Vertiefung. Tatsächlich leidet ja das Bildungssystem, allerdings die Unis deutlich mehr als die Schulen, an einem Hang zur Ideologisierung. Zum Teil lässt sich dies aber auch etwa bei so manchen Deutschmaturathemen der letzten Jahre (Antikapitalismus, Klima, Gender …) feststellen.
Wie indes vor allem die Universitäten mehr und mehr zum Hort des „woken“ Zeitgeistes, der dann in Politik und Gesellschaft „eingespeist“ wird, geworden sind, hat etwa die deutsche Ethnologin Susanne Schröter in ihrem Buch „Der neue Kulturkampf“ luzide (und gespeist aus eigenen leidvollen Erfahrungen) beschrieben. In diesem Sinne braucht und soll Schule jedenfalls nicht auf die Universität vorbereiten.
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