Das Straßenprojekt S18
Bei den Grünen ist es vor allem Klimaschutzministerin Leonore Gewessler, die in den vergangenen Wochen verstärkt darauf abgezielt hat, den Koalitionspartner in Rage zu bringen. Ihr Vorschlag, das Straßenprojekt S18, besser bekannt als Bodensee-Schnellstraße, in Vorarlberg noch rasch aus dem Bundesstraßengesetz herauszunehmen, ist das aktuellste Beispiel für diese Entfremdung. Das Vorhaben war mit dem Koalitionspartner nicht abgesprochen, ÖVP-Landeshauptmann Markus Wallner wurde ebenfalls überrumpelt. Leonore Gewessler weiß natürlich, dass sie das in ihren wenigen noch verbleibenden Regierungstagen nicht umsetzen kann, weil sie dafür im Parlament keine Mehrheit findet. Sie weiß aber auch, dass sie für ihre Wählerschaft nach dem umstrittenen Ja zum EU-Renaturierungsgesetz neuerlich einen Pflock eingeschlagen hat.
Prompt kam von ÖVP-Bundeskanzler Karl Nehammer der Konter. In einem Interview mit dem ORF NÖ versicherte er, dass Schnellstraßen-Projekte wie etwa die Marchfeld-Schnellstraße S8 im Weinviertel auf jeden Fall gebaut werden, wenn seine Partei nach dem Wahltag wieder in der Regierung sitzt. Die S18, die S8 oder auch der Lobautunnel in Wien zählen zu all jenen Vorhaben, die zwar bereits im Bundesstraßengesetz verankert sind, von Leonore Gewessler dennoch gestoppt wurden.
Diese Aktion hatte 2021 in der ÖVP für eine Zerreißprobe zwischen Bund und Ländern gesorgt. Nur mit Mühe konnte der Ärger gebremst und so der Koalitionsfriede aufrechterhalten werden. Wenn Nehammer jetzt davon spricht, dass er den verordneten Straßenbaustopp wieder aufheben will, macht er auch klar, dass er die Grünen nicht mehr als Teil einer kommenden Regierung sieht. Und Leonore Gewessler muss dann von außen mitansehen, wie ihre Anti-Straßenbau-Politik nur eine Legislaturperiode gehalten hat.
Das liegt auch daran, dass sie das Bundesstraßengesetz mit vom Ministerium angeordneten Tricks aushebeln wollte. Der ehrlichere Weg wäre gewesen, im Nationalrat für eine Mehrheit zu kämpfen, damit diese Straßenprojekte aus dem Gesetz verschwinden. Dieser Weg war ihr und den Grünen aber zu steil – und hätte auch in einer Niederlage geendet.
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