Keine Zeit für Klassenkampf
Über Harald Mahrer wird derzeit nicht gerne gesprochen. Weder in der Wirtschaftskammer noch in der ÖVP. Zu tief sind noch die Wunden, die mit seinem Abgang als Präsident verbunden sind. Ein Vorhaben aus dem Programm der Bundesregierung ist dennoch eng mit seinem Namen verbunden: die Flat Tax für Pensionisten. Er hatte diese Vereinfachung des Abgabensystems für das Arbeiten in der Pension schon getrommelt, als noch gar nicht klar war, wer mit wem eine Regierungskoalition verhandeln wird.
Jetzt warten alle gespannt darauf, wann endlich der konkrete Gesetzesvorschlag dafür auf dem Tisch liegt. Ingrid Korosec vom ÖVP-Seniorenbund fordert sogar unentwegt, dass diese Flat Tax ab dem 1. Jänner gelten soll. Rückwirkend, falls der Fristenlauf davor keine andere Lösung möglich macht. Konkret geht es darum, dass Zuverdienste in der Pension künftig generell mit 25 Prozent besteuert werden, die Sozialversicherungsbeiträge sollen entfallen. Damit soll das Arbeiten im Alter attraktiver gemacht werden. Im Gegensatz zur aktuellen Situation, die angesichts des komplizierten Abgabensystems eher abschreckt.
Aber warum ist man noch nicht soweit, damit die Flat Tax eingeführt werden kann? Das war diese Woche aus einem Interview von Präsidentin Birgit Gerstorfer vom roten Pensionistenverband herauszuhören. Da wurde die Sorge angesprochen, dass diese Steuerregelung vor allem Gutverdienern zugutekommen kommen könnte. Solche Bedenken erinnern an Klassenkampf und nicht an eine Vorwärtsstrategie. Dabei müsste im Vordergrund die Sorge stehen, dass überhaupt mehr Menschen in ihrer Pension im Arbeitsprozess bleiben wollen.
Österreich ist diesbezüglich in Europa unter den Schlusslichtern zu finden, obwohl alle Verantwortungsträger wissen, dass in Zukunft – wenn der Aufschwung wieder voll einsetzt – diese Arbeitskräfte für den Standort benötigt werden. So einen Schritt, über eine Neiddebatte zu führen, ist völlig daneben gegriffen und wirkt lähmend auf die Bemühungen, den Staat wieder in eine Aufwärtsspirale zu bringen. Genauso ist die Frage zu sehen, ob eine Flat Tax-Regelung auch für Selbstständige gelten soll. Natürlich soll sie das. Warum auch nicht?
Seit Monaten wird getrommelt, dass Österreich nur durch eine gemeinsame Kraftanstrengung aus dem Tal herausgeholt werden kann. Harald Mahrer musste gehen, weil er mit dem zu hohen Gehaltsplus für WKO-Mitarbeiter diesem Verständnis nicht entsprochen hat. Genauso wenig tun das aber auch jene linken Kräfte, die in dieser schwierigen Situation – vielleicht auch wegen der schlechten Umfragewerte der SPÖ – auf Klassenkampf setzen.
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