Budgetchaos in Österreich: Welche neuen Steuern jetzt kommen könnten
Am kommenden Freitag steht die nächste Runde an: Finanzminister Markus Marterbauer (SPÖ), Länder und Gemeinden verhandeln erneut über den "Stabilitätspakt". Dieser regelt, kurz gesagt, wie hoch die Schulden der jeweiligen Gebietskörperschaften künftig ausfallen dürfen. Die letzte Runde hatten die Länder kurzfristig aus "Termingründen" abgeblasen. Wohl nicht zufällig: Kurz darauf wurde bekannt, dass die Länder- und Gemeindeschulden heuer deutlich höher ausfallen als vom Finanzministerium (BMF) eingepreist. Und zwar so deutlich, dass die Regierung ihr Ziel, das Defizit unter 4,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu bändigen, klar verfehlen dürfte.
Ob nun eine, zwei oder noch mehr Milliarden Euro fehlen, dürfte erst im März feststehen. Das BMF erhält nur quartalsweise aktuelle Kennzahlen aus den Gemeinden. Der mangelhafte Datenaustausch ist ein Problem, das Marterbauer bisher nicht beheben konnte und auch bei den Verhandlungen zum Stabilitätspakt ganz oben auf der Agenda des SPÖ-Ministers steht.
Türkis-Rot-Pink muss sich indes eine ganz andere Frage stellen: Und zwar, wie die Regierung 2026 und darüber hinaus ihre Budgetziele einzuhalten gedenkt. Öffentlich halten sich Regierungsvertreter bisher eher zurück. Auffällig: In die Debatte geschafft haben es bisher nur einnahmenseitige Maßnahmen – insbesondere neue Steuern. Anfang Oktober sagte Marterbauer im KURIER-Interview noch: "Wir schaffen es auch ohne neue Steuern." Was könnte kommen, was ist realistisch?
Grundsteuer
Wer in Österreich eine Immobilie besitzt, muss laufend Grundsteuer bezahlen. Diese macht in Österreich aber nur einen Bruchteil des Einheitswerts aus und wurde seit 40 Jahren nicht an die Inflation angepasst. Deshalb sprechen sich unter anderem das WIFO, die EU-Kommission, Marterbauer oder Gemeindebundchef Johannes Pressl (ÖVP) für eine Erhöhung aus. Der Vorteil: Das Geld würde direkt an die finanziell besonders maroden Gemeinden fließen. Um wie viel Geld geht es? Derzeit nehmen die Gemeinden rund 790 Millionen Euro über die Grundsteuer ein. Der Fiskalrat schlägt beispielsweise vor, die Steuer zu verdoppeln. Klar ist auch: Die Erhöhung steht nicht im Regierungsprogramm und die ÖVP lehnte sie bisher ab.
Lohnnebenkosten
Im Regierungsprogramm steht unter Budgetvorbehalt, dass die Lohnnebenkosten ab 2027 gesenkt werden sollen. Vorerst passiert zumindest in Wien einmal das Gegenteil. Derzeit treten Dienstgeber und Arbeitnehmer je 0,5 Prozent ihres Bruttolohns für den Wohnbauförderbeitrag ab. Wien hat den Beitrag für 2026 bereits auf 0,75 Prozent erhöht und will so zusätzlich 190 Millionen Euro einnehmen. Laut Berechnungen des wirtschaftsliberalen Thinktanks Agenda Austria. Der Wohnbauförderbeitrag ist nicht zweckgewidmet, die Länder können ihn also auch zur Budgetsanierung verwenden.
Kalte Progression
Die kalte Progression, erst 2023 von Türkis-Grün abgeschafft, lässt die Regierung 2026 wieder zu einem Drittel zu. Damit nimmt sie laut Agenda Austria rund 300 Millionen ein. Würde sie den gesamte schleichenden Lohnfraß wieder zulassen, kämen weitere 700 Millionen hinzu. Agenda-Austria-Ökonom Dénes Kucsera warnt: "Das reicht nicht, um das Budget zu konsolidieren und wäre eine weitere Belastung für die Steuerzahler, insbesondere für Vollzeitbeschäftigte." Wer 4.000 Euro brutto im Monat verdient, würde bei einer Wiedereinführung der kalten Progression über das gesamte Jahr einen Kaufkraftverlust von 232 Euro hinnehmen müssen.
Erbschaftssteuer
Die SPÖ ist mit einem fertigen Erbschaftssteuer-Modell in den Wahlkampf gezogen, das Erbschaften und Schenkungen ab einem Wert von einer Million Euro betrifft. Dieses soll jährlich Einnahmen zwischen 500 und 800 Millionen Euro bringen. ÖVP und Neos schlossen Erbschafts- und Vermögensteuern bisher aus.
Kommentare