Chef der Industriellenvereinigung Niederösterreich: „Reden wir über weniger Feiertage“

Kari Ochsner
Kari Ochsner, Präsident der Industriellenvereinigung NÖ, über Arbeitszeit, die Affäre rund um die Wirtschaftskammer, die geplante Industriestrategie und seine Hoffnung in engagierte Politiker.

Der Unternehmer und Präsident der IV Niederösterreich, Kari Ochsner, hofft, dass sich die Wirtschaftskammer modern und neu aufstellt. Die Sozialpartnerschaft sieht er kritisch.

KURIER: Herr Ochsner, die vergangenen Wochen waren durch den Wirbel in der Wirtschaftskammer geprägt, der zum Rücktritt von Harald Mahrer geführt hat. Wie haben Sie die Affäre gesehen?

Kari Ochsner: Grundsätzlich war es auch für die Industriellenvereinigung negativ, weil wir der Ansicht sind, dass wir eine starke, schlagkräftige und innovative Arbeitgebervertretung in Österreich brauchen. Da gehören die IV und die Wirtschaftskammer dazu. Wir machen viele Dinge gemeinsam und versuchen auch, gemeinsam den Standort weiterzuentwickeln. Wenn es bei einem wesentlichen Partner solche Diskussionen gibt – die natürlich nicht unbegründet waren –, dann ist das auch für uns nicht positiv.

Was hat Sie mehr geärgert, das geplante Gehaltsplus für die Mitarbeiter der WKO, die Funktionärszulagen oder die Kommunikation in dieser Affäre?

Für uns war nicht nachvollziehbar, dass die Wirtschaftskammer mit 4,2 Prozent Gehaltsplus abschließt, wenn sämtliche vergleichbaren Institutionen deutlich unter der Inflation Abschlüsse herbeiführen. Was ja in den momentan schwierigen Zeiten notwendig ist. Noch weniger nachvollziehbar war, dass dann gesagt wurde, man bessert nach und halbiert, es wurde allerdings nicht halbiert, sondern das Plus nur um ein halbes Jahr verschoben. All das in Kombination mit den deutlichen Erhöhungen bei den Funktionären, das ist halt auf viel Unverständnis gestoßen. Bei allen Unternehmern und auch bei uns in der Industrie.

Dennoch ist eine stark verankerte Wirtschaftskammer weiter notwendig, wie ich aus Ihren Worten heraushöre?

Absolut. Das braucht das Land, das brauchen die Unternehmer. Wichtig ist, dass die Wirtschaftskammer jetzt auch die Zeichen der Zeit erkennt und deutliche Reformen einleitet. Sie muss sich aus sich selbst heraus modern und neu aufstellen. Da ist der Weg jetzt auch frei, hier muss rasch und entschlossen gehandelt werden.

Zum ausführlichen Interview mit Niederösterreichs V-Chef Ochsner

Und wie sehen Sie in diesem Zusammenhang die Rolle der Sozialpartnerschaft?

Die Sozialpartnerschaft hat in den vergangenen Jahrzehnten sehr viel geleistet für dieses Land und ist eine wesentliche Institution in Österreich. Wir sehen sie allerdings in ihren Zugängen in den vergangenen Jahren zunehmend kritisch. Der möglichst irgendwo noch vertretbare Kompromiss, auch was die Lohnabschlüsse der vergangenen drei bis vier Jahre betrifft, hat dem Land nicht gutgetan. Es wurde von der Industrie verlangt, dass wir sozusagen die Inflation ausgleichen. Das war international beispiellos. Und es hat uns in eine Situation gebracht, in der die Lohnstückkosten international nicht oder kaum mehr konkurrenzfähig sind. Das brachte den Standort massiv unter Druck. Da hat die Sozialpartnerschaft in den vergangenen Jahren das Augenmaß verloren. Ich kann nur dringend appellieren, dass es wieder in die Richtung wie beim niedrigen Abschluss der Metaller geht, der deutlich vorausschauender und gemäßigter gewesen ist.

Kari Ochsner

Zur Person

Kari Ochsner (51)
Der Geschäftsführer des Familienbetriebs Ochsner Wärmepumpen (NÖ, OÖ) ist seit 2023 Präsident der IV Niederösterreich. Er ist auch stv. Aufsichtsratsvorsitzender der ÖBAG.

Kommen wir grundsätzlich zum Industriestandort. Sie produzieren Wärmepumpen und spüren selbst die aktuelle Situation. Sie sind als IV-Vertreter auch mit vielen Unternehmerinnen und Unternehmern ständig im Kontakt. Wie wird die Situation derzeit gesehen?

Wir bewegen uns als Industrie auf das vierte Jahr in Folge der Rezession zu. Das ist sehr bedenklich, weil das den Wohlstand und die soziale Sicherheit gefährdet. Wenn sich die Industrie sukzessive aus dem Land zurückzieht, dann kann das niemandem recht sein. In Summe haben wir alle seit 2019 an Wohlstand verloren. Deswegen ist es auch wichtig, diesen Trend umzukehren. Wir müssen Faktoren wie Lohnnebenkosten, Energiekosten oder die überbordende Bürokratie dringend in den Griff bekommen, damit unsere Unternehmen, die weltweit technologisch sehr gut sind, wieder zu konkurrenzfähigen Kosten produzieren können.

Es geht immer um Rahmenbedingungen. Sind diese aber nicht auch durch Vorgaben der EU oder durch Zölle von Donald Trump viel schlechter geworden?

Ich vergleiche das immer so: Wenn ich der schlechteste Schüler in der Klasse bin, muss ich aufpassen, dass ich nicht zu viele Lehrer kritisiere. Deswegen sollten wir zuerst schauen, dass wir in Europa wieder an die Spitze kommen. Dann können wir wieder kritisieren. Momentan jedenfalls sollten wir uns mehr um unsere eigenen Reformen kümmern, als immer nach Brüssel zu zeigen.

Die AK hat zuletzt aber auch wieder in den Raum gestellt, dass die Österreicher nur 32 bis 35 Stunden in der Woche arbeiten wollen.

Ich glaube, dass viele Österreicher sehr gerne arbeiten und auch sehr gerne viel arbeiten. Wichtig ist, dass sie für ihre Leistung gut bezahlt werden. Leistung muss sich lohnen. Wenn wir mehr arbeiten, muss es nicht immer um die Wochenarbeitszeit gehen. Es kann auch die Jahresarbeitszeit zur Diskussion stehen oder wir reden über weniger Feiertage. Man kann immer Modelle finden, die eine breite Basis haben. Aber allen muss klar sein, wir müssen wieder mehr leisten, um international wieder aufschließen zu können. Mit KI und Automatisierung kann man viel herausholen. Aber wenn der Aufschwung kommt – und er muss und wird kommen –, werden wir wieder mehr Fachkräfte benötigen.

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