Marlene Svazek: "Mir graut davor, wenn Doskozil nicht mehr Landeshauptmann ist“
Seit Juli ist sie Stellvertreterin von Salzburgs Landeshauptfrau Karoline Edtstadler: Wodurch sich die Arbeit mit Wilfried Haslauer unterscheidet, welche Einsparungen wehtun und ob im Bund 2026 gewählt wird, das sagt Svazek im Interview.
Marlene Svazek: Das hat nach wie vor Gültigkeit, weil ich der Meinung bin, dass persönliche Befindlichkeiten keine Entscheidungsgrundlage für eine Zusammenarbeit darstellen sollten. Wir sind seit knapp einem halben Jahr in dieser neuen Konstellation in der Landesregierung. Es ist komplett anders als zuvor, was mich wiederum nicht verwundert.
Komplett anders als Wilfried Haslauer? Sind Edtstadler und Sie einander vielleicht auch ähnlich?
Es ist anders, weil die Geschichte anders ist. Wilfried Haslauer und ich haben auch turbulente Zeiten hinter uns. Ich habe in der letzten Periode auch einen Misstrauensantrag gegen ihn gestellt. Wir haben uns erst im Zuge der Koalitionsverhandlungen angenähert. Das ist ein Prozess. Mit Karoline Edtstadler habe ich diesen Prozess nicht gehabt. Es ging von Tag eins an voll los mit dem Tagesgeschäft und allen Herausforderungen – beginnend beim Budget. Es ist auch anders, weil Haslauer über Jahrzehnte die ÖVP geführt und eine natürliche Autorität gehabt hat. Das ist bei Edtstadler jetzt auch der Fall, aber hie und da habe ich das Gefühl, dass die ÖVP nicht immer das mitträgt, was auf oberster Ebene entschieden wird.
Was müsste passieren, damit es auch auf zwischenmenschlicher Ebene zwischen Ihnen und Edtstadler funktioniert? Oder wird das in dem Leben nicht mehr passieren?
Die 33-Jährige (Jg. 1992) beginnt ihre politische Karriere 2013 als Referentin im Landtagsklub, drei Jahre später übernimmt sie die Salzburger FPÖ.
Nach der Landtagswahl 2023 – die FPÖ wird mit 25,75 % (+6,91 %) der Stimmen zweitstärkste Partei hinter der ÖVP (30,37 %/-7,41 %) – wird Svazek Landeshauptmann-Stv. von Wilfried Haslauer. Seit Juli 2025 ist Karoline Edtstadler Landeshauptfrau.
Ich denke, dass das überbewertet wird. Wir haben uns auf diese professionelle Zusammenarbeit verständigt und, dass wir uns zusammenraufen. Das ist uns gelungen.
Das Bussi-Bussi-Foto zu Beginn bleibt also eine Rarität?
Das wird eine Rarität bleiben, vor allem, weil es orchestriert war. Die Medien haben nur darauf gewartet, wie wir uns begegnen. Es ist unfassbar viel hineininterpretiert worden, wie ich darauf reagiere, dass nicht Stefan Schnöll, sondern Edtstadler übernimmt. Das nervt mich ehrlich gesagt, weil es egal sein sollte. Wie wir uns begrüßen, das hat nichts mit der tagtäglichen harten Arbeit zu tun.
Täuscht es, dass Sie eine besondere Beziehung vom verstorbenen ÖVP-Finanzlandesrat Josef Schwaiger hatten?
Er ist ein unglaublicher Verlust für die Landesregierung. Sepp Schwaiger war einer der ersten, der versucht hat, Bande zu knüpfen und Brücken zu bauen, als wir in die Regierung gekommen sind. Er war auch in vielerlei Hinsicht ein Ratgeber. Er war fast doppelt so alt wie ich - ich bin oft bei einem Kaffee mit ihm gesessen und habe nach seinen Einschätzungen gefragt. Das war eine Verbindung über die Parteigrenzen hinweg. Er fehlt mir persönlich sehr.
Salzburg will, was das Budget betrifft, bis 2030 keine neuen Schulden machen. Wie soll das gelingen?
Es ist extrem schwierig, weil die Budgetdisziplin nicht bei Ermessensförderungen endet. Jeder glaubt, wenn man Förderungen reduziert, dann geht sich das mit dem Budget schon irgendwie aus. Das ist im Land etwas anders als im Bund. Wir haben viele gesetzlich festgelegte Valorisierungen und Ausgaben. Überall, wo wir eingreifen, tut es weh. Und natürlich tun die Einsparungen im Bereich des Pflegebonus, den wir 2026 in Salzburg nicht mehr auszahlen, weh. Wir brauchen aber auch strukturelle Änderungen, weil es sich bis 2030 sonst nicht ausgehen wird.
Wie erklären Sie, dass ausgerechnet im Pflegebereich gespart wird - von einer Partei, die sich soziale Heimatpartei nennt?
Das ist, was emotional alles überstrahlt, aber de facto sparen wir überall. Es ist kein Bereich ausgenommen – ganz im Gegenteil. Wir mussten uns um mehrere hundert Millionen Euro herunterhanteln. Wir sparen im Pflegebereich mit dem Ärztepaket in Summe 30 Millionen Euro. Gott sei Dank werden aber endlich auch Bauten verschoben. Ich habe immer kritisiert, dass wir in Salzburg kein neues Museum brauchen, sondern 100 Wohnungen mehr. Jetzt werden andere Prioritäten gesetzt. Wir müssen zurechtrücken, was andere vor uns verbrochen haben. Ich bin gespannt, wie andere Bundesländer reagieren werden, wenn 2028 der Pflegefonds des Bundes ausläuft. Es geht in Salzburg um 70 Millionen – bei Gesamtausgaben über 300 Millionen in der Pflege. In anderen Bundesländern wird es mehr sein. 2028 wird es für uns alle noch einmal schwieriger.
Wo wird man den Sparkurs abseits der Pflege in Salzburg spüren?
Es ist immer der Versuch, strukturelle Maßnahmen zu treffen, die zu einer Verbesserung führen und einem effizienteren Kosteneinsatz, damit es die Leute eben nicht so sehr spüren. Aber im Gesundheitsbereich, und das ist der größte Brocken, haben wir Ausgaben von knapp bei 1,3 Milliarden. Mir kommt vor: Es rinnt jährlich mehr Geld hinein, aber es gibt keine Verbesserungen. Das ist jetzt nicht mein Ressort, sondern ein ÖVP-Ressort, aber damit wird sich die gesamte Landesregierung auseinandersetzen müssen. Das ist ein emotionales Thema, aber es ist vor allem ein Budgetthema. Wenn die Wirtschaftslage nicht anzieht, und wenn die Bundesregierung nicht in die Gänge kommt, dann wird es für die Länder alle bitter, ohne dass wir irgendwas dafür können.
Edtstadler plädiert dafür, die Gesundheitsagenden dem Bund zu übergeben. Sie auch?
Ich bin mir noch nicht ganz sicher, ob es wirklich so sinnvoll ist, die Gesundheitsagenden komplett dem Bund zu überlassen. Es geht um die regionale Versorgung und mir graut schon ein bisschen davor, dass in Wien zentral entschieden wird, ob wir im Lungau noch ein Krankenhaus brauchen. Bei der Bildung sehe ich es ein bisschen anders, weil wir in diesem Bereich einheitliche Standards haben sollten. In Summe muss man über alles diskutieren und am Ende entscheiden, was gescheit ist. Dass das so mit dieser Kompetenzaufteilung wahrscheinlich nicht mehr lange gut gehen wird, das ist offenkundig.
Werden die Verhandlungen beim Stabilitätspakt zwischen Bund und Ländern nächste Woche gut gehen?
Was uns aktuell nicht weiterbringt, das ist dieses gegenseitige Schuldzuweisen Bund gegen Länder und Länder gegen Bund. Wenn dieser Stabilitätspakt schlagend wird, dann kriegen viele Länder ein Problem. Dann leiden alle westlichen Bundesländer darunter, dass in Wien das Geld abgeschafft ist. Man muss Wien in die Pflicht nehmen, denn wenn ich mir den Verschuldungsgrad von Wien anschaue, dann ist der jenseits von Gut und Böse.
Es ist immer fesch auf Wien zu schimpfen, auch weil es die Bundeshauptstadt ist. Umgekehrt: Gibt es irgendeine Landeshauptstadt, von der Sie sich was abschauen?
Wir haben uns im Vorfeld der Budgetdiskussionen angeschaut, was andere Länder tun. Ich bin aber darauf gekommen, dass die Strukturen zu unterschiedlich sind. Ich habe mir zum Beispiel den Sozialbereich in Tirol angeschaut, in dem vieles in GmbHs ausgelagert wird. Das ist nicht eins zu eins budgetwirksam und schlagend. Bei uns lässt sich alles im Budget ablesen. Wenn ich ins Burgenland schaue, dann graut mir schon davor, wenn Hans-Peter Doskozil einmal nicht mehr Landeshauptmann ist. Was dort alles aufbricht, das können wir uns jetzt noch gar nicht vorstellen. Es geht um ausgelagerte Gesellschaften, in denen Schulden angehäuft werden, während das Budget immer noch ganz gut ausschaut. Es gibt Tricks, die Länder anwenden, aber das ist nicht unser Weg in Salzburg. Wir haben – so wie es der Landesrat Sepp Schwaiger damals noch gesagt hat bei der Budgetpräsentation – kein schönes Budget, aber ein ehrliches Budget.
Springen wir vom Budget zum Bund: Wird die Dreierkoalition 2026 fortbestehen?
Was wäre die Alternative? Das wären Neuwahlen und ich kann mir nicht vorstellen, dass die Umfragewerte für die amtierende Regierung besser werden. Mir ist schleierhaft, warum man nicht gerade jetzt in die Gänge kommt, denn: Wie schlimm soll es noch werden? Die Regierung wird Bestand haben, aber es wird nicht besser für den Standort werden.
Was muss die Bundesregierung im ersten Halbjahr 2026 aus Ihrer Sicht jedenfalls tun, damit die Länder gut regieren können?
Priorität eins wäre, das Budget ins Lot zu bringen. Ich bin weder Bundeskanzlerin noch Finanzministerin, aber es gebe auf Bundeseben genug Einsparungspotenzial. Das wäre ein Signal Richtung Wirtschaft, die von Psychologie lebt. Das Zweite wäre endlich ordentliche Standortpolitik, Wirtschaftspolitik und Industriepolitik zu machen. Das, was momentan herumgeistert, ist großartige PR-Politik. Ich lese jeden Tag in der Zeitung, was alles zu tun wäre. Aber es wird halt nichts gemacht und unsere Betriebe kämpfen nach wie vor mit den Lohnkosten und Energiekosten. Harald Mahrer ist weg. Man könnte jetzt Unternehmer fragen, was zu tun ist.
Wirtschaftskammerpräsident Harald Mahrer ist weg, Salzburgs Kammerpräsident Peter Buchmüller hat schon die Kammerumlage 2 gesenkt. Soll sich die designierte WKO-Präsidentin Martha Schultz an Buchmüller ein Beispiel nehmen?
Ich fände das einen guten ersten Schritt. Peter Buchmüller ist in Salzburg bekannt dafür, dass er sich kein Blatt vor den Mund nimmt und auch nicht immer auf Parteilinie unterwegs ist, sondern einfach das sagt, was er sich denkt und was er für vernünftig hält. Und ja: Das ist auf alle Fälle ein Weg in die richtige Richtung – auch im Sinne der Unternehmerinnen und Unternehmer, weil die ordentlich angezipft sind.
Harald Mahrer, Wolfgang Katzian, Renate Anderl
Sind Sie für eine Abschaffung der Kammer?
Wenn Sozialpartnerschaft bedeutet, dass man die Freunde von ÖVP und SPÖ absichert, dann muss man darüber reden. Ich habe mit Harald Mahrer im Vorfeld der Regierungsverhandlungen das ein oder andere Mal das Vergnügen gehabt und es ist Fakt, dass für die Republik und für den Standort eine blau-schwarze Regierung besser gewesen wäre. Mahrer war von dem aber nicht ganz überzeugt, also habe ich mir immer die Frage gestellt: Wessen Interessen vertritt er letzten Endes wirklich?
Heißt das im Umkehrschluss: Jetzt, wo Mahrer weg ist, die Umfragedaten sind, wie sie sind, könnten Sie sich auch einen fliegenden Wechsel zu FPÖ-ÖVP-Regierung vorstellen?
Das kann ich mir nicht vorstellen. Dafür ist einfach zu viel passiert und dafür zeigt die ÖVP momentan tagtäglich, dass sie es nicht kann. Harald Mahrer war eine treibende Kraft gegen Blau-Schwarz, aber Blau-Schwarz hätte wirklich die Interessen der Unternehmen und der Industrie viel besser vertreten als die aktuelle. Somit muss man sich als Kammer und auch als ÖVP – zumindest was den Wirtschaftsflügel betrifft – einmal hinterfragen.
Wenn es eine Gesprächsbasis zwischen Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer und FPÖ-Chef Herbert Kickl gibt, ist dann für Marlene Svazek eine FPÖ-ÖVP-Koalition vorstellbar?
Eine Gesprächsbasis ist immer gut und wichtig, aber ich glaube in der aktuellen Situation wäre ein fliegender Wechsel auch ein Verkennen der Stimmung in der Bevölkerung. Wenn, dann bräuchten wir davor Neuwahlen.
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