Bietet Wladimir Putin durch die Blume nicht ohnehin an, zu verhandeln, will gar nicht mehr als nur ein paar Gebiete der Ukraine? Hatte Putin nicht recht, als er von Bedrohung durch die NATO und vom Recht auf das große Russland sprach? Und ist nicht jeder einzelne junge Soldat, der für Putin oder Selenskij stirbt, einer zu viel?
Dummerweise lügt Putin, wenn er den Mund aufmacht. Das hat er vor dem Angriffskrieg getan, als die Truppen längst aufmarschiert waren, er aber Kriegsabsichten leugnete und Gespräche über den Osten der Ukraine und den Rückzug der NATO von den russischen Grenzen forderte. Und er lügt, wenn er von einer Bedrohung russischen Territoriums durch die NATO und den dekadenten Westen spricht – die NATO hat im Gegensatz zu ihm noch nie einen Eroberungskrieg geführt. Und das Argument, dass die Ukraine einmal russisch war, ließe sich absurd weiterführen: Rom könnte auf die Ausdehnung des Römischen Reiches verweisen, Österreich auf das Territorium der Monarchie, und Deutschland war auch schon einmal größer …
Ja, jeder tote Soldat ist einer zu viel. Aber einem wie Putin, dessen Aggression und dessen Revanchismus nachzugeben hieße, andere verbrecherische Staatenlenker zu ermutigen, es ihm gleichzutun, das Faustrecht des Stärkeren anzuerkennen.
Die Ukraine wird den Krieg gegen Putin wahrscheinlich nicht gewinnen. Aber sie muss ihm Grenzen setzen – mithilfe ihrer Unterstützer. Die zivilisierte Welt ist kein Ponyhof, in der im Fall des unerwünschten Falles alles gut ist, wenn man sich wegduckt. Die Welt ist eine, die sich verändert – Weltkrieg, Wiederaufbau, Kalter Krieg, Mauerfall, Demokratisierung des Ostens, islamistischer Terror, jetzt Putin (mitsamt der Bildung einer anti-westlichen Achse). Das muss man zur Kenntnis nehmen, darauf muss man reagieren, da darf man sich nicht auseinanderdividieren lassen – zu hoffen, dass Putin alle wieder lieb hat, wenn man ihm ein bisschen von dem gibt, was er will, ist naiv.
Kommentare