Denn: Bis zum 15. Jänner muss die Republik die konkreten Zahlen des Staatshaushaltes der EU melden, am 21. Jänner wird beim Ecofin (Rat für Wirtschaft und Finanzen) darüber beraten, ob Österreich ein Defizitverfahren bekommen wird oder nicht.
Zeit hat aber auch die Volkspartei nicht, denn Umfragen attestieren der FPÖ Zugewinne von derzeit 28,85 auf bis zu 35 % und der ÖVP Verluste. Die Noch-Kanzlerpartei muss mit allen Mitteln Neuwahlen verhindern, will sie sich nicht noch billiger hergeben müssen. Und: Sie muss in den Gesprächen mit der FPÖ nicht nur den Juniorpartner geben, sondern wohl auch klein beigeben, will sie nicht in die Opposition. Und all das muss sie schnell. So schnell, wie Stocker die 180-Grad-Wende vom Kickl-Abkanzler zum Kanzler-Macher vollzogen hat. Ein bis dato unvorstellbarer Akt. So unglaublich, wie jener, der sich am Tag der Heiligen Drei Könige, dem Hochfest der Erscheinung des Herren in der Hofburg zuträgt: Bundespräsident Alexander Van der Bellen erteilt Herbert Kickl den Auftrag zur Regierungsbildung.
Zum ersten Mal in der II-Republik hat ein Freiheitlicher reale Chancen, Regierungschef zu werden. Selbst nach Neuwahlen ist dieses Szenario nunmehr wahrscheinlich. Und – auch das historisch – mithilfe der ÖVP, die wieder einmal einem zuvor mit 100-prozentigem Vertrauen ausgestatteten Parteichef innerhalb weniger Stunden verlustig geht.
Eine Partei, die mit der Bestellung von Stocker als Nachfolger von Karl Nehammer erneut einen Generalsekretär zum Chef macht und damit den finalen Farbwechsel zur Vorgänger-Ära Sebastian Kurz vollzieht. Eine Partei, die mit Stocker wieder schwarz geworden ist. Umringt von Bauern-, Senioren- und Wirtschaftsbund hält der Noch-Vizebürgermeister von Wiener Neustadt und ÖAABler seine erste Rede als Parteichef und will damit Stabilität nach innen zeigen. Nach außen wirkt die ÖVP notgedrungen geschlossen, aber unentschlossen.
Wird der geschäftsführende Bundesparteiobmann in Monaten an einem Parteitag gewählt oder hält sich die ÖVP die Option offen, jemand anderen in Neuwahlen zu schicken? Die Antwort wird womöglich nicht die Zeit geben, sondern die FPÖ vorgeben.
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