Als gesichert gilt, dass es mit den Zinsen nicht so rasant nach unten gehen wird, wie es von Mitte 2022 bis September des Vorjahres nach oben ging. EZB-Chefin Christine Lagarde hat die Entwicklung steigender Preise verschlafen und – im Gegensatz zu ihrem US-Kollegen – zu spät reagiert. Das hat die Inflation im Euroraum unnötigerweise auf Höhen wie in den 1970-er Jahren explodieren lassen.
Nun also wurde die Zinswende eingeläutet, sogar noch vor den USA, wo die Preissteigerungsrate aufgrund einer robusteren Wirtschaft höher liegt. Spannend bleibt die Frage: Wann und wie stark wird die EZB erneut agieren, um die Wirtschaft anzukurbeln? Oder war diese Senkung nur ein Testballon? Denn die Inflation ist noch nicht so gebändigt, wie es auf den ersten Blick scheint. Im Mai zogen die Preise wieder leicht auf 2,6 Prozent an (die Kerninflation sogar auf knapp drei Prozent). Zu stark sinkende Zinsen könnten eine neue Inflationswelle auslösen.
In Österreich bleibt Inflation hoch
Österreichs Notenbank hat im Kreis der Eurobanker stets eine harte Linie bei der Inflationsbekämpfung verfolgt. Auch aus Eigeninteresse, schließlich zählt es zu den Ländern mit den höchsten Inflationsraten. Diese waren durchaus hausgemacht. Förderung nach Förderung wurden mit der Gießkanne ausgeschüttet und die Lohnsteigerungen lagen zum Teil noch über der ohnehin schon hohen Inflationsrate. Unterm Strich gab es für einige Bevölkerungsgruppen weiterhin Reallohnzuwächse.
Nach dem Motto „Never change a winning team“ wird diese Politik auch jetzt noch munter fortgesetzt, wohl auch wegen des Wahlkampfes. So etwa mit dem Handwerkerbonus von insgesamt 300 Millionen Euro, der zudem nahezu dazu einlädt, die Preise zu erhöhen. Und gleich mit einem 4-Parteien-Beschluss wurde vor kurzem das Wohnbaupaket von einer halben Milliarde Euro beschlossen. Dabei werden Wohnbaudarlehen bis zu 200.000 Euro zu 1,5 Prozent Zinsen zur Verfügung gestellt. Dabei sinken die Zinsen jetzt ohnehin.
Es ist daher zu befürchten, dass Österreich mit dieser Politik weiterhin bei der Inflation vorne liegen wird. Mit jeder weiteren Zinssenkung wird sich diese Position verfestigen. Die EZB muss bei ihrem Vorgehen aber auf die gesamte Eurozone achten und kann auf Länder, die deren Kampf gegen die Inflation konterkarieren, keine Rücksicht nehmen.
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