„Realwirtschaftlich wird der erste Zinsschritt noch keine großen Auswirkungen haben. Die EZB bestätigt vor allem die von ihr selbst aufgebaute Erwartungshaltung. Wegen der hartnäckigen Inflation ist der Ausblick entscheidend, wie schnell die Zinsen also weiter sinken werden“, sagt WIFO-Ökonom Josef Baumgartner.
Was heißt die erwartete Zinssenkung für Sparer?
Sinken die Leitzinsen, drückt das tendenziell auch die Zinsen auf dem Sparbuch. Wer der Inflation ein Schnippchen schlagen will, sich Riskanteres wie Aktien aber nicht zutraut, sollte wenigstens einen Teil des Ersparten für einen gewissen Zeitraum fix binden. Für täglich fälliges Geld gibt es aktuell mehr als drei Prozent – am meisten für Neukunden. Für ein Jahr Bindung winken bis zu 3,4 Prozent. Im Mai lag die Teuerung bei 3,3 Prozent. Ein kleines reales Plus geht sich also aus.
Wie geht es bei Krediten weiter? Was ist besser, fixer oder variabler Kredit?
Konsumkredite oder Kredite für Häuselbauer werden tendenziell günstiger. Allerdings wird man den ersten Mini-Schritt um 0,25 Prozent noch kaum in den Konditionen merken. Infina, Betreiber einer Plattform für Immo-Finanzierungen, spricht von einem „Tropfen auf den heißen Stein“. Die seit 2023 anhaltende Kreditkrise werde sich nicht so schnell in Luft auflösen. Das erste Quartal 2024 war mit einem Volumen von 2,25 Milliarden Euro an Neukrediten das schwächste seit zehn Jahren.
Wer jetzt überlegt, einen Kredit aufzunehmen, sollte noch etwas zuwarten bis klar ist, wohin die Zinsreise tatsächlich geht – und mehrere Angebote durchrechnen lassen. Aktuell sind fix verzinste Kredite deutlich günstiger als variable Kredite (bei 20 Jahren Laufzeit um 1,175 Prozentpunkte). Die Vergleichsplattform „durchblicker.at“ empfiehlt Kreditnehmern mit variablen Zinsen, die Schwierigkeiten mit der Rückzahlung der monatlichen Raten haben, nach wie vor eine Umschuldung auf einen Fixzins.
Kommt die Konjunktur wieder in Schwung?
Die Stimmung der Unternehmen in der Eurozone ist laut eine S&P-Umfrage wieder auf dem höchsten Stand seit einem Jahr – die Rezession scheint besiegt. Die Zinssenkung kommt positiv dazu und dürfte vor allem im Jahr 2025 ihre Wirkung entfalten. Denn bis Finanzierungen für Unternehmen wirklich spürbar günstiger werden, dauert es in der Regel bis zu einem Jahr. Ein deutscher Experte warnt sogar davor, dass die Konjunktur übermäßig stimuliert werden und eine „zweite Inflationswelle“ kommen könnte. Wifo-Experte Baumgartner sieht diese Gefahr nicht. „Von übermäßiger Stimulierung kann keine Rede sein. Beispielsweise kann die am Boden liegende Bauwirtschaft stärkere Zinssenkungen dringend brauchen.“
Wie geht es bei Aktien weiter?
Die wichtigsten Aktienindices wie der Frankfurter DAX haben heuer in Erwartung der Zinssenkung bereits mehrfach Rekordstände erreicht. Ein weiterer Schub ist kaum zu erwarten, ist der Schritt der EZB doch seit langem eingepreist. Niedrigere Zinsen sind meist gut für Aktien, weil andere Anlageformen wie Anleihen unattraktiver werden und Investoren umschichten.
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