Einsamkeit ist auch eine Art versteckte Epidemie – und ein Tabu: Wer gibt schon zu, einsam zu sein und vielleicht sogar, Hilfe zu brauchen? Entgegen der Erwartung sind Junge davon übrigens überproportional betroffen. Vielleicht auch, weil sie sich in den Social-Media-Welten so verlieren, dass sie verlernt haben, richtig miteinander zu kommunizieren, und Likes mit Liebe verwechseln. Abgesehen davon haben hier auch die Pandemie-Lockdowns einiges angerichtet. Der Kampf gegen die Volksseuche Einsamkeit ist, wie man so schön sagt, eine politische „Querschnittsmaterie“.
Sie geht Bund und Gemeinden etwas an und müsste vielfältige Maßnahmen nach sich ziehen. Zum Beispiel einen anderen, menschlicheren Wohnbau, der wieder weniger verdichtet ist und (auch ungestaltete) Begegnungszonen zulässt. Mehr Jugendpsychiatrie – seit Jahrzehnten spricht man darüber! Besondere Aufmerksamkeit verdienen auch pflegende Angehörige, Kranke, Behinderte, Trauernde. Wobei das nicht nur eine politische, sondern auch eine menschliche Aufgabe ist. Vergessen wir darauf im Alltagstrubel nicht zu oft?
Und es sollte im digitalen Leben weiterhin analoge Refugien geben (immerhin ein SPÖ-Wahlkampfpunkt). Postler, Hauswart, Hausärztin, Pflege, Lehrerin, die echte menschliche Stimme am Telefon: Sie sind es, die bemerken, dass jemand in der Isolation langsam krank wird. Einsamkeit ist übrigens auch ein Demenzrisiko. Und ein Kriminalitätsrisiko, wenn man jungen Asylwerbern nichts zu tun gibt.
In britischen und japanischen Regierungen gab bzw. gibt es „Einsamkeitsminister“: Klingt merkwürdig, wäre aber auch für Österreich ein Thema. Dennoch lässt sich nicht alles an den „Staat“ abgeben. Wer in der egozentrischen Selbstoptimierungsgesellschaft keine Freundschaften pflegt, keine Familie gründet, viel zu früh in Pension geht, immer alles besser weiß, läuft im Alter Gefahr zu vereinsamen. Die Formel für ein gesundes Leben ist banal: Laufen, Lernen, Lieben, Lachen. Auf Instagram, Tiktok & Co ist es halt schwer zu finden.
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