Es sind sehr prominente Namen aus der Geschichte der Zweiten Republik, die der neue Bundeskanzler Christian Stocker für seine Regierungserklärung ausgewählt hat. Leopold Figl und Adolf Schärf, Julius Raab und Bruno Pittermann, Alois Mock und Brigitte Ederer. Diese schwarz-roten Paare sind für ihn Symbol, dass die Zusammenarbeit zwischen den beiden Parteien funktionieren kann.
Nach der ersten Verhandlungsrunde vor Weihnachten hätte sich wohl niemand vorstellen können, dass ein ÖVP-Vertreter die neue (Zwangs-)Achse mit dem roten Andreas Babler in so eine Reihe stellt. Aber vielleicht ist das die neue Art des Regierens, die Stocker in seiner Rede anklingen hat lassen. Natürlich auch mit Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger im Boot. Konsens und Kompromiss statt Ideologie.
Eine erste kleine Bewährungsprobe hat es diese Woche bereits gegeben. Just aus dem Finanzministerium von Markus Marterbauer (SPÖ) ist ein Antrag an die Öffentlichkeit gelangt, der die Wirtschaftsvertreter sofort Alarm schlagen hat lassen: eine Sondersteuer im Energiebereich, um 200 Millionen Euro für das Budget zu lukrieren. Vorbei an den Koalitionspartnern ÖVP und Neos, die sich sofort überrumpelt fühlten. Gerade von Marterbauer, dem linken Ökonomen aus der Arbeiterkammer, dessen Nominierung zum Finanzminister durch Andreas Babler in der ÖVP und bei den Neos mehr als skeptisch gesehen wird.
Aber es war gerade Marterbauer, der mit einem Satz die Luft aus der Diskussion genommen und einen gemeinsamen Weg gezeigt hat. "Wir werden das pragmatisch lösen", so der Minister auf Anfragen von Journalisten. Pragmatismus ist ein entscheidendes Wort, wenn es um das Überleben der Dreierkoalition geht. Die Energieabgabe konnte schließlich am Freitag im Konsens beschlossen werden.
Ideologie hintanstellen
Gerade in der Politik ist der Pragmatismus kein einfacher Weg. Er verlangt von den Parteichefs, dass sie als Regierungsmitglieder die Ideologie hintanstellen. Das Ergebnis muss mehr zählen als der Applaus aus dem eigenen Lager. Wie hart der Weg ist, haben Stocker, Babler und Meinl-Reisinger schon diese Woche gespürt. Mit der Mietpreisbremse sowie den höheren Abgaben, die beschlossen wurden, hat man sich nicht nur Freunde gemacht. Eher das Gegenteil. Dennoch muss die Linie der Budgetsanierung konsequent durchzogen werden.
Eines ist klar: Wenn die ersten kritischen Stimmen aus den Parteien, die sich gegen diesen Kurs wenden, öffentlich werden, wenn die ersten Umfragen nicht die gewünschten Prozentzahlen zeigen, dann besteht sofort die Gefahr, dass der gemeinsame Weg verlassen wird. Erfolgreich wird Türkis-Rot-Pink aber nur sein, wenn auch in dieser Phase die Pragmatiker in den Parteien die Oberhand behalten.
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