Putin in die Augen schauen
Donald Trump ist einer, der solche paradoxen Interventionen gerne setzt: Ob er nun als Präsident kurzerhand Handelsblockaden gegen China verhängte, oder sich mit Nordkoreas Diktator Kim Jong-un zum Tête-à-Tête traf.
Wie schon als Geschäftsmann tritt der New Yorker gerne laut auf und stößt seine Gegner gleich einmal vor den Kopf. Genau das verspricht er jetzt im Wahlkampf: Einmal Putin tief in die Augen geblickt, oder den Chinesen die marktwirtschaftlichen Leviten gelesen, schon ist die Weltlage eingerenkt.
Vorliebe für Revolverhelden
Die Amerikaner haben immer schon eine Vorliebe für solche Polterer gehabt. Der Cowboy, der die Tür zum Salon aufstößt und gleich einmal klarmacht, dass man den eigenen Revolver besser stecken lässt, ist nicht umsonst das Leitmotiv einer im Kino wieder und wieder neu belebten Wild-West-Mythologie. Ronald Reagan, der solche Revolverhelden selbst im Kino verkörpert hatte, machte ebenfalls daraus eine präsidiale Pose für die Weltpolitik.
Man kann sich als Europäer darüber lustig machen, sollte aber bedenken, dass wir – was unsere Staatslenker betrifft – auch nur zu gerne auf bewährte Rollenbilder setzen. Frankreichs Präsidenten geben den barocken Sonnenkönig mit all dem pompösen Zeremoniell, nicht weil das ihren Alltag verschönert, sondern weil die Franzosen sich so einen Sonnenkönig erwarten. Dass der sich in napoleonisch inszenierten Reden zum Retter der Weltpolitik aufschwingt, gehört da ebenso dazu wie heimliche Liebesaffären, über die die Nation im Detail Bescheid weiß.
Deutschland blieb seiner „Mutti“ Merkel 16 Jahre treu, weil sie die Politik der ruhigen Hand verkörperte, wegen der man auch Vorgänger wie Helmut Kohl oder Konrad Adenauer viel zu lange im Kanzleramt sitzen ließ. Eine Nation, die mit ihrer eigenen Größe und auch Großmannssucht seit jeher Schwierigkeiten hat, lässt sich eben gerne von „Mutti“ beruhigen.
Staatsnotare in der Hofburg
Eine Reihe, die sich quer durch Europas Kulturnationen fortsetzen lässt, bis hin zu Österreichs mehr oder weniger gewitzten Staatsnotaren in der Hofburg. An der globalen Realität, an Krisen und Kriegen, können diese Figuren natürlich im Alleingang wenig ausrichten. Das hält aber weder Amerikaner, noch Franzosen davon ab, sich immer wieder diesen Rollenbildern anzuvertrauen. Sie verkörpern den Wunsch nach einfachen Lösungen für schwer durchschaubare Probleme. Aber der Cowboy trifft eben auch nur im Film immer ins Schwarze.
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