In dieses größte Verbrechen – und nichts anderes war die bewusste, industrialisierte, hochmechanisierte Auslöschung eines ganzen Volkes sowie Millionen weiterer Menschen, die die Nazis für „unwert“ oder feindlich einschätzten –, in dieses Verbrechen also waren teils auch Familienmitglieder involviert.
So wie in Hunderttausenden anderen Familien in der damaligen Ostmark auch.
Der "Österreich-Pavillon"
An die 700.000 Österreicher waren Mitglieder der NSDAP, kleine und große Massenmörder ganz vorne mit dabei – und dennoch hat es mehr als 30 Jahre gedauert, bis endlich Diskussionen über Schuld und Verantwortung in der eigenen Bevölkerung einsetzten. Und es dauerte schändliche 50 Jahre, bis der „Österreich-Pavillon“ in Auschwitz erneuert wurde – wo sich Österreich bis dahin als „erstes Opfer des Nationalsozialismus“ präsentiert hatte.
Sind wir, die Kinder, die Enkelkinder dieser Generation der Vernichtungsmaschinisten noch mitverantwortlich? Lastet auf uns, den Nachkommen, noch immer Schuld?
Ja – wenn wir beginnen zu vergessen. Wenn wir bequem daran glauben, wie uns so manche Rechtspopulisten weismachen wollen, dass es „jetzt mal genug sein müsse mit diesen Geschichten aus der Vergangenheit“. Wir, genau wir, und auch noch unsere Kinder tragen die Verantwortung dafür, dass es nie wieder passieren kann. Dafür müssen wir uns erinnern; müssen wir versuchen zu verstehen.
Und wir müssen auch jene – laut Umfragen – 14 Prozent der jungen Österreicher erreichen, die angeblich noch nie den Begriff „Shoah“ oder „Holocaust“ gehört haben. Ein künftiges Auschwitz mit seinen unfassbaren Verbrechen zu verhindern heißt nicht nur, immer wieder der Millionen Opfer zu gedenken und sich dem Antisemitismus von heute entgegenzustellen.
Den Anfängen zu wehren beginnt schon dabei, Politikern zu misstrauen, die behaupten, mit der Ausweisung bestimmter Gruppen, Völker, Religionen seien alle Probleme gelöst.
Und Volksverführern zu widersprechen, die sich eifrig des Nazi-Wortschatzes bedienen – angefangen von der „Remigration“ bis zum „Volkskanzler“.