Stellen Sie sich vor, Linz wäre nach der Klangwolke mit 40.000 Besuchern vom Samstag plötzlich der Ort in Österreich mit der höchsten Inzidenz: Man hätte es ja schon immer gewusst. Kultur? Wofür? Das ist ja nur eine Gefährdung der Allgemeinheit für den Genuss einer Minderheit.
Oder: Wien zöge, nach dem Marathon mit Zehntausenden Teilnehmern und wohl noch mehr Besuchern, infektionsmäßig wieder an. Oder die ÖVP-Wahlveranstaltung im Bierzelt in Oberösterreich sorgte für einen Cluster. Man hätte es ja immer schon gewusst.
Nur dieses „man“ wäre jeweils ein anderes: ÖVP-Kritiker reiben sich ganz ohne Cluster schon an der Veranstaltung im Bierzelt, mancher Rockfan würde mit dem Finger in Richtung Klassik-Privileg nach Linz zeigen, und wer Rockfestivals so und so schon blöd findet, würde sich durch den einen oder anderen Nova-Rock-Corona-Fall bestätigt fühlen. Die Feste der anderen sind immer das Problem.
Das ist sie also, die neue Normalität: Die Großveranstaltungen sind in den letzten Tagen nach Österreich zurückgekehrt, es gab gleich einige Events mit Tausenden Besuchern (und es folgen weitere, wie das Nena-Konzert und der Grazer Marathon). Es gab im Vorfeld große Debatten: Nach eineinhalb Jahren Pandemie sind die
Fotos mit dicht gedrängten Besuchern ungewohnt, ja fast beunruhigend. Man ist auf Abstand konditioniert und muss wieder damit umgehen lernen, dass man sich in großem Maßstab näherkommen darf.
Aber es wäre nicht dieses zersplitterte kleine Land, wenn nicht auch die Pandemieregeln bezüglich Großveranstaltungen (gesellschafts-)politisch instrumentalisiert würden: Man versucht, alte Rechnungen nun mit neuen Mitteln zu begleichen.
Die höchste Inzidenz hat übrigens Krems. Dort gab es zuletzt das mehrtägige Wachauer Volksfest mit 115.000 Besuchern. Die dortigen Behörden verweisen auf Schüler und Reiserückkehrer, die das Infektionsgeschehen angetrieben hätten (die es aber anderswo auch gibt).
Auch da ist bei manchen schnell das Urteil in Anschlag gebracht: Man hat es immer schon gewusst. Dabei sollte uns die Pandemie eigentlich eines gelehrt haben: Es wird Zeit, dass wir wieder zueinanderfinden. Auch, wenn es die Pandemie-Lage erlaubt, auf Großveranstaltungen mit strengsten Sicherheitsmaßnahmen.
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