Auch der Autor dieser Zeilen verurteilte in einem Kommentar die geplante „Zwangsüberwachung“ der freien Bürger. Eine vertane Chance, lässt sich mit ein paar Wochen Abstand sagen.
Die Corona-App ist tatsächlich einer wenigen Ausnahmefälle, in denen alle alles richtig gemacht zu haben scheinen. Nicht einmal Google will hier Daten absaugen – Android hat gemeinsam mit Apple dafür Sorge getragen, dass das nicht möglich ist: Wenn Entwickler einen neuen Bluetooth-Standard für ihre Corona-Apps nutzen wollen, können sie das nur tun, wenn die Daten nicht zentral auf einem Server landen.
Das bedeutet: Die beiden relevanten Betriebssysteme für Smartphones sorgen dafür, dass Corona-Daten nicht ohne unser Wissen weiterverarbeitet werden können. Datenschutztechnisch war man noch nie dermaßen auf der sicheren Seite, als wenn das Smartphone warnt: „Achtung: Ihr Handy war in der Nähe eines anderen Gerätes, das einer Person gehört, die Corona-infiziert ist. Bleiben Sie bitte zu Hause und rufen Sie 1450 an.“
Die Corona-App ist nicht die Bekämpfung einer Krankheit mittels Big Data, sondern ihr Gegenteil: Hier wird ein Virus über die Mündigkeit der Bürger in die Mangel genommen. Daten werden nur kurzzeitig und anonymisiert gespeichert und dienen zur Information: Wer weiß, dass er oder sie in der Nähe in Gefahr ist, tut automatisch das Richtige. Oder sonst auch immer das Falsche.
Unter die vielen Missverständnisse um die Corona-App fällt auch die Interpretation einer Studie von Forschern der Uni Oxford, die meinten, dass die App ab einer Verbreitung von 60 Prozent der Gesamtbevölkerung die Epidemie stoppen könnte. Was unter den Tisch fiel, war die Feststellung derselben Wissenschafter, dass jede einzelne Installation der App die Zahl der Todesfälle zurückdrängen würde.
Und weil die Grenzen wieder fallen, hat man auch auf EU-Ebene Problembewusstsein gezeigt. Die Mitgliedstaaten einigten sich auf eine Lösung, wie die nationalen Apps miteinander kommunizieren können. Und zwar nur jene, die die Daten dezentral verarbeiten. Ziemlich beeindruckend, wie sehr wir uns dagegen wehren.
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