Ist die EZB mit ihren Latein am Ende?

Hermann Sileitsch-Parzer

Hermann Sileitsch-Parzer

Ist die EZB mit ihren Latein am Ende?

von Hermann Sileitsch-Parzer

über den Zinsentscheid

Mit der neuerlichen Leitzinssenkung auf 0,05 Prozent hat es die Europäische Zentralbank geschafft, alle Beobachter zu verblüffen. Ob die Wirkung positiv sein wird, ist aber fraglich. Auf den ersten Blick sieht das stark nach einer Panikreaktion angesichts der bedrohlich tief gesunkenen Inflationsrate aus. Denn die bisherigen Zinssenkungen der EZB hatten am Verlauf der Preiskurve in Richtung Deflation aber auch gar nichts verändert. Das Problem ist, dass die Konjunktur in Europa am Boden liegt. Das neue Rekordtief wird daran wenig ändern: „An den Zinsen liegt es nicht mehr, dass die Wirtschaft nicht in Gang kommt“, sagt Raiffeisen-Analyst Valentin Hofstätter.

Das letzte, was die Eurozone in dieser prekären Lage aber brauchen kann ist eine EZB, die ein Bild der Hilfslosigkeit abgibt. Dass die EZB so kurz nach Juli schon wieder die Zinsen senkt, erweckt den Eindruck, als wären die Notenbanker mit ihrem Latein fast am Ende. Immerhin konnte Draghi als Neuigkeit in Aussicht stellen, dass die EZB ab Oktober den Banken Kreditbündel - so genannte forderungsbesicherte Wertpapiere (Asset backed securities) - abkauft. Das wurde seit Monaten vorbereitet und sollte helfen, die Kreditvergabe anzukurbeln. Ob das den großen Umschwung bringt?

Sonst ist die EZB mit ihren Möglichkeiten praktisch durch. Die Zinsen haben laut Draghi den absoluten Tiefpunkt erreicht. Das letzte Instrument, das bleibt, wäre der großflächige Ankauf von Wertpapieren und Staatsanleihen, das sogenannte "Quantitative Easing". Diese Maßnahme ist aber heftig umstritten und würde die Zentralbank politisch vor eine Zerreißprobe stellen.

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