Eric Kandel: "Keiner hat die Juden verteidigt"

Eric Kandel.
Hochkarätiges Symposium zur Geschichte Wiens mit einem Hauptthema.
Gert Korentschnig

Gert Korentschnig

Im Rahmen des Festivals "Vienna – City of Dreams" in New York findet auch ein vom Historiker Oliver Rathkolb mitorganisiertes Wissenschaftssymposium mit Podiumsdiskussionen statt. Die Teilnehmer der ersten Veranstaltung waren der in Wien geborene und 1939 in die USA emigrierte Nobelpreisträger Eric Kandel, Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny, Operndirektor Dominique Meyer sowie Christian Meyer vom Schönberg-Center. Das Thema lautete: "Wien 1860–1914: Kreativität, Kultur, Wissenschaft und Politik". Vielmehr ging es in den Fragestellungen aber um die NS-Zeit und den Antisemitismus in der Stadt.

Eric Kandel würdigte zunächst die Juden gegenüber tolerante Haltung von Kaiser Franz-Joseph, die vielen Künstlern erst ermöglicht hätte, nach Wien zu kommen. Und er kam dann auch auf etwas anderes Wienspezifisches zu sprechen: "1938 gab es keine nennenswerte Opposition. Keiner hat die Juden verteidigt."

Mailath-Pokorny betonte: "Es geht um die soziale Gerechtigkeit in einer Stadt, auch um die Randbezirke. Nur damit kann man das Entstehen von Faschismus verhindern." Als er sagte, dass die Umbenennung des Lueger-Ringes in seine Kompetenz gefallen war, bekam er Applaus. Dominique Meyer sprach mehr über die Zeit von Mahler ("Wien war damals ein großer Kopf ohne Körper") und die letzten Jahrzehnte. "Wien ist eine sehr offene Stadt. Aber sie war lange Zeit so nahe am Eisernen Vorhang, dass sie nicht richtig atmen konnte. Jetzt atmet die Stadt wieder."

Das Interesse an der Debatte war enorm, die 300 Plätze im Paley Center for Media waren dreifach überbucht.

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