Viel Trauer und viele drängende Fragen

Der Schulterschluss nach dem Massaker von Paris sollte für eine ehrliche Diskussion genützt werden.
Konrad Kramar

Konrad Kramar

Der Schulterschluss nach dem Massaker von Paris sollte für eine ehrliche Diskussion genützt werden

von Mag. Konrad Kramar

über den Terror in Paris

Charlie Hebdo – überall und für jeden. Das vom Terror gebeutelte Frankreich wärmt sich am Gefühl des moralischen Zusammenhalts, und ganz Europa mit ihm. Ein selten gewordenes Gefühl in unseren westlichen Gesellschaften und vielleicht daher gerade der Augenblick, in dem man die drängenden Fragen, die der islamistische Terror, seine Ursachen und seine Konsequenzen, offen diskutieren sollte.

Es besteht kein Zweifel, dass Europa gerade in der Krise immer mehr Menschen ins soziale Abseits drängt. Je mehr diese Randgruppen wirtschaftlich, aber auch gesellschaftlich isoliert werden, desto mehr werden sie von radikalen Ideologien angezogen: Das gilt für muslimische Migranten, wo sich gerade aus der zweiten Generation viele innerlich von der Mehrheitsgesellschaft verabschieden und radikalen Predigern zuwenden, aber auch für den unteren Rand der längst zerfallenen Arbeiterklasse, wo sich der Rechtspopulismus ebenso festsetzt wie generationenübergreifende Arbeitslosigkeit.

Der wahre gesellschaftliche Konflikt findet zwischen diesen an den Rand gedrängten Gruppen statt. Man muss nicht vor den Toten des muslimischen Terrors, nicht vor dem Hass ausländerfeindlicher Kundgebungen stehen, um zu begreifen, dass diese Gruppen eine existenzielle Herausforderung für unsere Demokratie darstellen. Diese Demokratie muss viel deutlicher machen, was sie denen, die in und mit ihr leben, bietet, aber auch, was sie von ihnen verlangt. Integration muss sich bei der einen Gruppe über versteinerte religiöse Traditionen hinwegsetzen. Bei der anderen aber über das Gefühl, den Staat – obwohl man mit ihm nichts zu tun haben will – und jene, die in Wahrheit noch weniger haben, für die eigene Situation verantwortlich zu machen.

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