VdB, ein Glücksfall für EU und Österreich

Erste Rauchzeichen aus der Hofburg signalisieren: Van der Bellen hat das Zeug zu einem großen Präsidenten.
Josef Votzi

Josef Votzi

Erste Rauchzeichen aus der Hofburg signalisieren: Van der Bellen hat das Zeug zu einem großen Präsidenten.

von Josef Votzi

über Alexander Van der Bellen

Es war die erste Woche des Alexander Van der Bellen im internationalen Scheinwerferlicht: Erst Visiten der EU-Hauptstädte Brüssel & Straßburg; dann erster Staatsbesuch in der Schweiz. Die nüchternen Eidgenossen begrüßten den Gast aus Wien als "Hoffnung des liberalen Europas" (das Berner Blatt "Der Bund"). Der trockene EU-Ratspräsident Donald Tusk feierte VdBs "Wahlsieg als Zeichen der Hoffnung für Millionen Europäer". Im mächtigen EU-Parlament wurde der neue Präsident des kleinen Österreich wie ein verlorener Sohn gefeiert. Van der Bellen revanchierte sich mit einer Rede, die es wert wäre, anstelle des überkommenen Bildes des Bundespräsidenten Eingang in jedes Klassenzimmer zu finden: Ein flammendes, aber unpathetisches Plädoyer für Europa. Eine der Schlüsselpassagen: "In der EU ist wieder eine Rhetorik des Ausschließens in Mode gekommen. Man müsse sich entscheiden (...) zwischen der Hilfsbedürftigkeit der eigenen Landsleute und der Hilfsbedürftigkeit anderer (...). Dieses "Entweder/ Oder" führt in die Irre. Wir können unseren Landsleuten helfen UND ausländischen Mitbürgern (...).Wir sind ein Kontinent des "UND", und nicht des "Entweder / Oder. Das macht uns einzigartig."

Die gesamte Rede Alexander Van der Bellens gibt's hier zum Download

Der Brüsseler Korrespondent der Süddeutschen Zeitung verglich den Auftritt des Austro-Präsidenten mit dem Agieren von EU-Kommissionspräsident Juncker und resümierte euphorisch: "Noch ist Europa nicht verloren (...)Juncker verkörpert auf verhängnisvolle Weise die Müdigkeit, die einen angesichts der europäischen Probleme überkommen kann. Die Kunst wäre also, mitreißend am Boden zu bleiben. Van der Bellen hat gezeigt, dass es geht."

Auf eine Zigarette mit Van der Bellen

In Österreich ergingen sich Boulevardjournalisten derweil in hämischen Ferndiagnosen: VdB biete nur die "gängigen Phrasen", ein "Heinz Fischer mit Zwei-Tages-Bart". Blau und Boulevard marschieren einmal mehr im eintönigen Gleichklang. Einer der blauen EU-Abgeordneten qualifizierte den jubelnden Empfang seiner Kollegen für den österreichischen Bundespräsidenten öffentlich abfällig als Referenz an "das letzte Aufgebot Europas". Der rechtspopulistische Sektor glänzte, angeführt von Marine Le Pen, bei Van der Bellens Jungfern-Rede im Europaparlament aber primär durch Abwesenheit. FPÖ-Delegationsleiter Harald Vilimsky drückte reichlich verlassen die Sitzbank und hielt sich mit Applaus sichtlich zurück.

Van der Bellen verblüffte schon nach Amtsübernahme Freund und Feind als er die jährliche Aufregung über den Burschenschafter-Ball in der Hofburg mit dem Satz quittierte: "Lasst Sie doch tanzen." Im Fall Vilimsky setzt er eine kleine, aber unübersehbare Geste. Er macht beim Empfang für die österreichische EU-Community aus seinem Laster eine Tugend und teilt in einer stillen Ecke mit dem FPÖ-Mann die einzig gemeinsame Leidenschaft, die für den blauen Dunst. Parole: Auf eine Zigarette mit Alexander Van der Bellen. Die Rauchzeichen der ersten paar Wochen aus der Hofburg signalisieren: Der neue Hausherr ist noch für weitaus größere Überraschungen gut.

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