Selbstverschuldetes Tohuwabohu

Die Querelen bei den Listenerstellungen sind Folge der verabsäumten Personalisierung des Wahlrechts.
Daniela Kittner

Daniela Kittner

Die Querelen bei den Listenerstellungen sind Folge der verabsäumten Personalisierung des Wahlrechts.

von Dr. Daniela Kittner

SPÖ-Parteirat

Angesichts der Querelen zwischen Neueinsteigern und Platzhirschen auf den Nationalratslisten kann man sich einen Anflug von Schadenfreude nicht verkneifen. Das parteiinterne Tohuwabohu hätten sich SPÖ, ÖVP und Grüne nämlich ersparen können, wenn sie sich irgendwann einmal dazu durchgerungen hätten, die Wähler bei der Personalauswahl fürs Parlament mitbestimmen zu lassen. Aber wo käme man denn da hin, wenn der Souverän seine Abgeordneten selbst aussucht und den Parteien ins Geschäft pfuscht!

Dabei haben sich die gängigen Argumente der Parteien gegen eine Personalisierung des Wahlrechts allesamt falsifiziert. Es ist nicht mehr so, dass nur die großen Parteien SPÖ und ÖVP eine Chance auf Wahlkreis-Kandidaten haben. Inzwischen gibt es auch grüne und blaue Hochburgen.

Eine beliebte Ausrede lautet, dem Parlament würden die Experten ausgehen, wenn nur noch "Lokalkaiser" einziehen. Nur – wo sind denn jetzt die vielen Experten? Es sitzen kaum noch Professoren, Ärzte, Top-Juristen, Finanzfachleute oder gar Kulturschaffende im Hohen Haus. Dafür umso mehr Partei-"Notwendigkeiten".

Nicht zuletzt wird behauptet, Politik sei so schwierig, sie erfordere Profis, keine Neulinge. Es stimmt, Politik ist anspruchsvoll, doch was die Partei-Politiker mit diesem Argument in Wirklichkeit meinen, ist etwas ganz anderes: Sie wollen Abgeordnete haben, die auf Knopfdruck alle politischen Winkelzüge unhinterfragt abnicken.

Die Österreicher haben sich ein Parlament verdient, in dem die Abgeordneten endlich vom Gängelband der Parteien entlassen werden. Es braucht daher bald ein neues Wahlrecht – auch um der FPÖ, die das Parlament mit Volksabstimmungen aushebeln will, die Argumente wegzunehmen.

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