Pump trägt Schwarz, Sparen Rot – na und?

Der Kanzler will sinnvoll kürzen, die ÖVP zur Not mehr Schulden. Weniger Hysterie könnte sich bezahlt machen.
Josef Votzi

Josef Votzi

Pump trägt Schwarz, Sparen Rot – na und?

von Josef Votzi

über die neue Rollenverteilung bei Rot-Schwarz

Hans Peter Haselsteiner spricht die bittere Wahrheit gelassen aus: "Die politische Kaste hat mit Ausnahme ihrer politischen Karriere keine befriedigende Alternative. In Folge geht es nicht mehr darum, gute Politik zu machen, sondern nur darum, wiedergewählt zu werden. Das verhindert das Treffen von vernünftigen Entscheidungen".

Das neue Regierungsduo signalisiert Ehrgeiz zu zeigen, dass es auch anders geht – nicht zuletzt deshalb, weil sonst beiden die Abwahl droht. Diese Woche will die Koalition in einer Klausur bei der Steuerreform Nägel mit Köpfen machen statt sich die Köpfe einzuschlagen.

Werner Faymann steht vor seiner Wiederwahl Anfang November als Parteichef und bei der "Reichensteuer" weiterhin unter Druck des ÖGB. Was dessen Ex-Vizeobfrau Sabine Oberhauser kürzlich locker formulierte, war ein erstes Zeichen der Entspannung: "Egal, woher das Geld kommt, die Steuersenkung muss kommen."

Reinhold Mitterlehner geht Anfang November in seine erste Obmannwahl. Das Risiko, für enttäuschte Hoffnungen abgestraft zu werden, bleibt noch überschaubar. Michael Spindelegger lebte zuletzt in der Angst, zwischen Bünden und Ländern endgültig bis zur Unkenntlich zerrieben zu werden – und bunkerte sich immer unbeweglicher ein. Mitterlehner tänzelt bisher übers glatte schwarze Parkett. Den jüngsten Sager des VP-Klubobmanns, eine Steuersenkung sei auch auf Kosten von mehr Schulden machbar, quittierte der VP-Chef unaufgeregt so: Dafür ist es "zu früh". Auch aus dem Kanzleramt kommen neue Töne: Werner Faymann ruft zum "sinnvollen Sparen" auf und dafür den Rechnungshof zu Hilfe. Bei der Frage "Vermögenssteuern rauf für Lohnsteuer runter?" ist beidseitig das letzte Wort weiter offen.

Gelassene Weitsicht, ängstliche Kurzsichtigkeit

Statt schriller Propaganda-Töne dominiert der pragmatische Kammerton. Denn die Geldbeschaffung für eine Steuersenkung wird kein großer Wurf, sondern ein Fleckerlteppich bleiben müssen: Von ersten Sparstrichen bei Förderungen und Steuerausnahmen bis hin zu ein paar Drehungen an der Steuer- und Defizitschraube.

Ex-VP-Chef Josef Taus ist linksdogmatischer Staatsgläubigkeit unverdächtig. Er riet kürzlich im KURIER-Interview seinen Nachfolgern: "Ich würde die Steuerreform durchziehen, die Senkung unserer Staatsschulden würde ich zwei, drei oder vier Jahre hinausschieben." Denn: " Österreich hat zurzeit rund knapp 80 Prozent Verschuldung vom BIP. Deutschland 81%, Frankreich 95%, Großbritannien 96%, Belgien 101%. Was soll dann die Aufregung? Staatsschulden senken kann man in Zeiten von Wirtschaftswachstum, aber nicht in Zeiten, wo sich das Wachstum entlang der Null-Grenze bewegt."

Gelassene Weitsicht kommt Elder Statesmen wie Taus oder Haselsteiner leichter über die Lippen als Politikern, die ständig auf ihre Wiederwahl-Chancen schielen. Weniger ängstliche Kurzsichtigkeit würde sich auch für die heutigen Spitzen der Republik politisch bezahlt machen.

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