Nur die Vergangenheit führt in die Zukunft

Ein Zeichen der Versöhnung 80 Jahre nach dem 34er-Jahr ist wichtig. Und offene Diskussionen ohne Hass.
Helmut Brandstätter

Helmut Brandstätter

80 Jahre nach dem Bürgerkrieg reichen einander zwei Parteichefs die Hand.

von Dr. Helmut Brandstätter

über den 12. Februar 1934

Bundeskanzler Werner Faymann und Vizekanzler Michael Spindelegger werden am 11. Februar am Mahnmal der Opfer für ein freies Österreich gemeinsam einen Kranz niederlegen. Der KURIER hat am Samstag ausführlich darüber berichtet. Am 12. Februar jährt sich zum 80. Mal der Beginn des Bürgerkriegs, bei dem über 300 Menschen, rund 200 Sozialdemokraten und über 100 Exekutivbeamte getötet wurden.

80 Jahre nach dem Bürgerkrieg reichen einander zwei Parteichefs die Hand, das klingt gar nicht spektakulär. Ist es aber. Nur ein Mal, im Jahr 1964, haben der damalige Bundeskanzler Alfons Gorbach( ÖVP) und sein Vize Bruno Pittermann(SPÖ) der blutigen Februartage und des tiefen Hasses der beiden Lager in der 1. Republik gedacht. Sonst führte das „34er-Jahr“ stets zu unversöhnlichen Debatten zwischen SPÖ und ÖVP. Bis heute.

Hier ist nicht der Platz für ein historisches Seminar. Nur so viel: Unbestritten sollte sein, dass der christlichsoziale Bundeskanzler Engelbert Dollfuß ein autoritäres, ständestaatliches Regime errichtete, mithalf, das Parlament auszuschalten und vor brutaler Gewalt nicht zurückschreckte. (Siehe Seite 6) Die Sozialdemokraten waren Opfer, aber ihre Führung hat zuvor versagt, weil sie sich 1931 weigerte, in eine Regierung einzutreten. Bruno Kreisky, selbst Häftling im Ständestaat hat einmal gesagt: „Das war die letzte Chance zur Demokratie.“ Der Versuch, mit der austrofaschistischen Diktatur auch den Nationalsozialismus zu bekämpfen, bezahlte Dollfuß mit seinem Leben. Beim Juli-Putsch wurde er am 25.Juli 1934 im Kanzleramt von einem Nazi erschossen.

Lernen aus der Geschichte

Im Jahr 1964, 30 Jahre nach dem Bürgerkrieg, nach Anschluss, Krieg, Holocaust und Wiederaufbau standen die ehemals feindlichen Lager gemeinsam am Heldenplatz. Alfons Gorbach, Jahrgang 1898, war im Ständestaat schon steirischer Landesrat gewesen und saß unter den Nazis im KZ. Er forderte damals, „nicht nur Beschuldigungen auszusprechen, sondern auch den Mut zur Selbstkritik zu haben.“ Bruno Pittermann, 1905 geboren und nach dem Bürgerkrieg in Haft, sagte, dass „die Verteidigung der Freiheit niemals nur Sache einer politischen Gruppierung sein dürfe.“

Und warum ist es so wichtig, dass die beiden Lager, die in der 1.Republik aufeinander schossen und die 2. Republik führend aufbauten, einander wieder die Hände reichen: Weil der politische Diskurs immer wieder völlig abgleitet und Hass hervorschimmert. Und weil Freiheit und Demokratie niemals und nirgends eine Selbstverständlichkeit sein werden. Und weil das ein guter Anlass ist, darüber zu sprechen, dass SPÖ und ÖVP ihre Macht immer wieder missbraucht haben. Auch hier muss es Ehrlichkeit und Offenheit geben.

Das Jahr 2014 bietet viele Gelegenheiten, unsere Vergangenheit genauer zu betrachten . „Die Geschichte lehrt dauernd, aber sie findet keine Schüler.“ Ingeborg Bachmann soll mit diesem Satz unrecht haben.

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