Matte Visitenkarte unseres Landes

Wenn sich Österreich schon als Museum vermarktet, dann sollte es darin wenigstens konsequent sein.
Martina Salomon

Martina Salomon

Wenn sich Österreich schon als Museum vermarktet, dann sollte es darin wenigstens konsequent sein.

von Dr. Martina Salomon

über den Opernball

Zur Ehrenrettung des Opernballs sei gesagt: Vor Ort ist das eine deutlich edlere Veranstaltung als der seltsame Event, der im ORF gezeigt wird (bis auf die Eröffnung: die ist auch für die geduldigsten Ballgäste viel zu langatmig). Wer will, kann die C-Promis zwar auch aus der Nähe betrachten, doch abseits des Scheinwerferlichts trifft man deutlich interessantere Menschen aus allen Branchen. Vielleicht aber ist das Ganze in Wahrheit ja gar kein Ball, sondern eine einzige Fernseh-Übertragung – und alle darin sind nur Statisten, die sich die Teilnahme teuer erkaufen. Wenn das so ist, warum gerät die Show dann so unerträglich billig?

Wäre der Opernball tatsächlich ein Staatsball, dann müsste man zumindest im öffentlich-rechtlichen Fernsehen den Bundeskanzler fragen, welche Signale er aussenden wollte, indem er eine Menschenrechtsaktivistin, einen jungen (homosexuellen) Ministerpräsidenten, eine elegante Hundertjährige (der heimliche Star des Abends!) und das Debütanten-Pärchen mit Downsyndrom in seine Loge geladen hat.

Sollte der Opernball auch außerhalb von Wien weltberühmt sein, dann wäre er quasi – genauso wie das Neujahrskonzert – eine Visitenkarte des Landes. Wer sich aber nach außen als extrem traditionelles, in der Opulenz der Geschichte schwelgendes Volk darstellt, sollte auch nach innen konsequent sein, sprich: Man passt auf die historische Bausubstanz der inneren City wie ein Haftelmacher auf und opfert auf keinen Fall den Weltkulturerbe-Status. In deutschen Städten rekonstruiert man sogar unbekümmert im Zweiten Weltkrieg Zerstörtes. Warum nicht?

Die Kameraleute, die alljährlich die kitschigen Pausen-Filmchen für das Neujahrskonzert fabrizieren, sind nicht zu beneiden: Wie schaffen sie es, bei ihren Kameraschwenks all die baulichen Schrecklichkeiten auszublenden, mit denen das ganze Land mehr und mehr zugekleistert wird?

Innenstadt unter Glassturz stellen

Stellen wir doch die City und andere touristische Highlights unter einen Glassturz zur weltweiten Vermarktung. Habsburg & "Sound of Music" forever! Vergessen wir darüber jedoch bitte trotzdem nicht die Modernisierung des Landes und fördern wir den Innovationsgeist. Dieser findet sich in manchen Sportarten und in vielen großartigen österreichischen Unternehmen (Stichwort Hidden Champions!), aber ausgerechnet dort nicht, wo wir uns selbst an der Weltspitze sehen: Zwar reißen sich Opernsänger aus aller Welt darum, in Wien auftreten zu dürfen. Doch die Wiener Oper scheint manchmal in den Fünfzigerjahren stecken geblieben zu sein. Bei vielen Inszenierungen ist man versucht, den Staub wegzublasen.

Vielleicht sollten sich einmal ein paar gescheite Leute zusammensetzen und überlegen, wie das Land Tradition und Moderne unter einen Hut bekommt. Wie man am Opernball 2018 gesehen hat, gelingt das momentan erstaunlich schlecht.

>>Alles über den Opernball 2018

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