Der Krieg gegen die Leaker

Die USA haben die Balance zwischen Terror-Abwehr und Bewahrung der Freiheit ihrer Bürger verloren.
Ingrid Steiner-Gashi

Ingrid Steiner-Gashi

Jede Demokratie braucht ihre Leaks.

von Mag. Ingrid Steiner-Gashi

über Whistleblower

Bis zu 136 Jahre Haft, höchstwahrscheinlich aber mindestens 100. Das wird das drakonische Strafausmaß sein, das der 25-jährige amerikanische Obergefreite Bradley Manning am Mittwoch vor Gericht erfahren wird. Sein, aus der Sicht des US-Militärgerichtes ungeheuerliches Verbrechen: Manning hatte der Enthüllungsplattform Wikileaks 700.000 Geheimdokumente zugänglich gemacht.

Für diesen Tabubruch wird die US-Regierung an Manning ein Exempel statuieren. Und nicht nur an ihm. Die Obama-Administration hat gegen sieben Amerikaner Anklage wegen Spionage erhoben – mehr als alle Vorgängerregierungen zusammen. Edward Snowden ist einer von ihnen, und auch er wird angesichts der Tragweite seiner Enthüllungen kaum je wieder einen Fuß in Freiheit setzen, sollte der NSA-Whistleblower je vor einem amerikanischen Gericht landen.

Was unter Ex-Präsident George Bush als „Krieg gegen den Terror“ begann, entwickelt sich unter seinem Nachfolger zu einem „Krieg gegen die Leaker“. Da werden Whistleblower als Staatsverräter und Gefährder der amerikanischen Nationalen Sicherheit dämonisiert – unter überraschender Leugnung ur-amerikanischer Werte wie der individuellen Freiheit seiner Bürger. Freiheit oder Sicherheit, das darf in Demokratien nie ein Entweder/Oder sein, sondern hat sich in Balance zu halten. Jede Demokratie braucht ihre Geheimnisse, ihre Geheimdienste und deren wertvolle, wenn auch oft umstrittene Arbeit, um Bedrohungen aufzuspüren. Um aber die in jeder noch so blühenden Demokratie unvermeidlichen Missbräuche aufzudecken, braucht sie auch ihre Leaks.

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