Handwerklich begabt: Wen interessiert das?

Hören wir doch endlich auf, die Lehre als Bildungsweg zweiter Klasse zu betrachten.
Martina Salomon

Martina Salomon

Weil handwerkliches Talent gering geachtet wird, finden Firmen immer schwerer geeignete Lehrlinge.

von Dr. Martina Salomon

über die Lehre als Stiefkind der Bildungsdebatte.

Die Lehre ist das Stiefkind aller Bildungsdebatten. Dabei ernten wir jetzt gerade die unerwünschten Nebenwirkungen des politischen Dogmas "Höherbildung um jeden Preis": Weil handwerkliches Talent zu gering geachtet wird, finden die Firmen – vor allem kleine und mittlere – immer schwerer geeignete Lehrlinge und Fachkräfte. Es ist daher kein Zufall, dass die Wirtschaftskammer Druck macht. Sie bietet österreichweit schon seit Längerem Talentechecks für die 13- und 14-Jährigen an. (Noch-)Kammer-Boss Christoph Leitl wünscht sich das verpflichtend, auch in den AHS, und er hat völlig recht damit.

Die duale Ausbildung (also parallel betriebliche und schulische Ausbildung) gilt als internationales Vorzeigemodell und Exportschlager bis nach Asien und Mexiko. Es ist Zeit, dass wir uns auch selbst wieder darauf besinnen. Die Lehre ist nicht die "Strafe" für Schulversagen. Da ist auch bei den Eltern ein Umdenken gefragt: Es ist schwer zu akzeptieren, dass das Kind vielleicht einen niedrigeren Bildungsabschluss erreicht als man selbst. Hier wird oft unglaublicher Druck auf Kinder (und deren Lehrer) ausgeübt, um den Nachwuchs zur Matura zu zerren, auch wenn er/sie lieber Koch oder Mechatroniker werden will. Lehre ist auch längst keine Sackgasse mehr: Es ist ein Erfolgsweg in die Selbstständigkeit. Viele machen später Matura, manche schließen sogar ein Studium an. Diese Durchlässigkeit muss noch besser, das Image der Lehre insgesamt aufgewertet werden. Und natürlich müssen auch die Schulen wieder ihre Bildungsziele erreichen. Das wird ohnehin die Kernaufgabe der Bildungspolitik in der nächsten Regierung sein – wer immer diese undankbare Aufgabe übernimmt.

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