Eine große Rede und viele kleine Schritte

Obamas Kuba-Reise räumt die politischen Stolpersteine in Washington und Havanna nicht beiseite.
Konrad Kramar

Konrad Kramar

Auf beiden Seiten werden überkommene Haltungen mit Zähnen und Klauen verteidigt.

von Mag. Konrad Kramar

über Reformen in Kuba

Symbolträchtige Auftritte, große Reden, die sich wunderbar für Geschichtsbücher eignen, waren schon immer Obamas beste politische Disziplin: Der Auftritt in Havanna fügt sich da nahtlos in eine schmucke Galerie ein. Doch mit einem US-Präsidenten und gleich hinterher den Rolling Stones in Kuba ist es nicht getan. Nach einem halben Jahrhundert Eiszeit haben sich in den USA Millionen von Exilkubanern und deren Nachkommen in ihrem Hass auf das Castro-Regime einzementiert. Im US-Kongress sorgt ihr Einfluss auf den rechten Flügel der Republikaner, dass die über Jahrzehnte verschärften Boykottmaßnahmen gegen Kuba weiterhin mit Zähnen und Klauen verteidigt werden.

Ebenfalls mit Zähnen und Klauen verteidigt das Castro-Regime auf der Zuckerinsel seine Macht. Zwar versucht seit dem Abgang Fidels sein pragmatischerer Bruder Raul die vorsichtige wirtschaftliche Öffnung des Landes, doch politisch verharrt der über 80-Jährige in den Vorstellungen des Kalten Krieges. In Washington lauert der Feind und jede Lockerung der politischen Spielregeln gefährdet den Sozialismus. Meinungsfreiheit, freie Presse, demokratischer Pluralismus: All das würde nur den Handlangern Washingtons die Türen öffnen. Dass jetzt die Touristenströme aus den USA und in ihrem Gefolge das Geld internationaler Reiseunternehmen nach Kuba fließen, mag das Leben vieler Kubaner erleichtern, ob es eine Reform des teilweise bizarr versteinerten Sozialismus der Castros in Gang setzt, bleibt abzuwarten. Viel mehr noch als große Auftritte braucht Kuba kleine politische Schritte in Richtung Demokratie, bevor sich der unaufhaltsame gesellschaftliche Umbruch in Gewalt entlädt.

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