Das letzte Gefecht der Angela Merkel

Die Kanzlerin will in Brüssel eine Einigung zwischen der EU und der Türkei. Aber redet auch von Alternativen.
Helmut Brandstätter

Helmut Brandstätter

Die negativen Folgen eines Europa der hohen Zäune und der dichten Grenzen werden wir alle in Europa noch schmerzlich zu spüren bekommen.

von Dr. Helmut Brandstätter

über Merkels letztes Gefecht

Man musste schon genau zuhören, als Bundeskanzlerin Angela Merkel gestern Mittag dem deutschen Bundestag ihre Strategie für den Gipfel in Brüssel erklärte. Zunächst warb sie noch einmal für ihren Plan, also für ein Abkommen zwischen der EU und der Türkei. In Griechenland könnten nur gemeinsam mit der Türkei die EU-Außengrenzen gesichert werden. Die EU müsse ohnehin lernen, ihre maritimen Grenzen zu bewachen, das Problem werde auch auf die Italiener zukommen. Aber die Kanzlerin machte dann doch auch klar, dass bei einem Scheitern ihres Planes die nationalen Zäune kommen würden, mit allen Konsequenzen für Menschen und Wirtschaft.

Bundeskanzler Werner Faymann hatte im gestrigen KURIER-Interview ganz undiplomatisch gemeint, dass Deutschland bald die restriktive Flüchtlingspolitik Österreichs übernehmen werde. Wer Merkel kennt, weiß, dass sie kämpfen wird, aber Realistin ist die gelernte Naturwissenschafterin allemal. Bei einem Scheitern des Brüsseler Gipfels wäre Merkels – und zuvor Faymanns – Versuch gescheitert, eine europäische Flüchtlingspolitik zu organisieren. Dem Druck aus ihrer CDU, vor allem aber aus der bayrischen CSU wird Merkel nicht lange standhalten können. Die negativen Folgen eines Europa der hohen Zäune und der dichten Grenzen werden wir alle in Europa noch schmerzlich zu spüren bekommen.

Ein weiteres Stück Zukunft deutet Frau Merkel auch an: Europa brauche mehr Integration, das zeigt die Erfahrung der Schuldenkrise. Da werden nicht alle mitmachen. Ein "Europa der zwei oder auch mehreren Geschwindigkeiten" nahm die Kanzlerin nicht in den Mund, aber das scheint inzwischen unausweichlich.

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