Abrutschen in die Bedeutungslosigkeit

Österreich gilt weltpolitisch als Leichtgewicht – der Rückzug der Blauhelme vom Golan passt dazu.
Martina Salomon

Martina Salomon

Sind wir noch wer in der Welt?

von Dr. Martina Salomon

über den Golan-Rückzug

Mit dem Abzug der „Blauhelme“ verliert Österreich einen seiner letzten international beachteten Beiträge. Die Truppe war Kern der UNO-Mission am Golan – und international hoch respektiert. Selbst Norbert Darabos war darauf stolz . Nun holt die Regierung die Soldaten heim, weil ihre Aufgabe in der Pufferzone zwischen Israel und Syrien zu gefährlich geworden ist. Sind wir noch wer in der Welt?

Im Kalten Krieg war Österreich neutraler Ort für Verhandlungen. Man blickte auf das kleine Land, auch wenn man nur seine prominenten Besucher (etwa 1961 Chruschtschow und Kennedy) sah. Wien ist noch immer Kongressstadt, wirklich aufsehenerregende Treffen gibt es aber nicht mehr. Barack Obama hielt seine große Rede an die Europäer 2009 in Prag. Auch die wirtschaftliche Poleposition Österreichs in Mitteleuropa steht infrage. Das Engagement im „Osten“ zahlte sich aus, wir waren oft die Ersten vor Ort. Die Krise brachte Verluste und Skepsis – in der Region dürfte aber auch künftig wieder gutes Geld zu verdienen sein. Auf jeden Fall vorbei ist die Rolle Wiens als „Drehscheibe zum Osten“, wo internationale Firmen gerne ihr Headquarter aufschlugen.

Wir nehmen uns selbst nicht ernst

Worin sind wir gut? Die niedrige Arbeitslosigkeit samt der Beschäftigungsgarantie für Jugendliche ist ein Vorzeigemodell. Beim Skisport liefern wir Triumphe, doch international gilt das eher als Randsportart. Ansonsten zehrt Wien vom alten Habsburger-Glanz und Salzburg von seinem „Sound of Music“-Image. Bei moderner Kunst tut man sich schwerer, siehe der heurige Biennale-Beitrag. Ein unfassbar teurer, banaler Dreißigerjahre-Zeichentrickfilm lässt die Besucher des Österreich-Pavillons in Venedig ratlos zurück, auch wenn das Kultur-Establishment verschwurbelte Erklärungen dafür liefert. Im Grunde ist das Gebäude selbst das größere Ereignis. 1934 nach Plänen von Josef Hoffmann errichtet, zeugt es von einer Zeit, in der heimische Architektur Weltruf hatte. Seither kann man mit Star-Architekten nicht mehr so viel anfangen – siehe den Zaha-Hadid-Bau an einem der unglückseligsten Plätze der Hauptstadt.

Trotz allem ist Österreich siebtreichstes Land der Welt. Die aktuelle Nationalbank-Prognose weist für 2013 zwar nur noch ein kleines Plus aus, aber immerhin ein Plus. Einiges machen wir also richtig. Aber wie wenig ernst das Land politisch genommen wird, ist gerade wieder gut sichtbar: Die EU-Wettbewerbshüter blockieren beim Hypo-Verkauf für den Steuerzahler günstigere Sonderregelungen, obwohl wir als Nettozahler in der EU bei Rettungen anderer Banken mitzahlen. Das dürfte das Ergebnis unseriöser Geschwätzigkeit und uneinigem Auftreten in Brüssel sein. Wahrscheinlich nehmen wir uns selbst oft so wenig ernst, dass man locker über uns drüberfahren kann. Der Golan-Abzug ist Beweis dafür, dass Österreich weltpolitisch nur noch agiert, wenn der Einsatz populär und ungefährlich ist. Das wird unser (Leicht-)Gewicht in der Welt wohl weiter reduzieren.

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