Rückblick ins Jahr 1953: So lief die Krönung der Queen
Siebzig Jahre vor König Charles III. erlebte seine Mutter ihre Inthronisierung als prunkvolles Fest, das von 300 Millionen Menschen in aller Welt live mitverfolgt wurde. In Österreich gab’s noch kein Fernsehen.
23.04.22, 05:00
Es stand gar nicht gut um die Monarchie, damals im Jahr 1953, als Elizabeth II. zu ihrer Krönung schritt. Während in Österreich und Deutschland bereits das Wirtschaftswunder einsetzte, waren die Kriegsfolgen in Großbritannien noch lange nicht überwunden. Viele Menschen litten unter Armut, und die Staatskasse war leer. Da kam ein glanzvolles Fest wie die Krönung einer schönen jungen Königin gerade recht, um die Engländer von ihrer tristen Situation abzulenken.
London, am 2. Juni 1953. Drei Millionen Briten versammeln sich in den Straßen der Hauptstadt, jubeln der 27-jährigen Monarchin auf ihrem Weg vom Buckingham Palace in die Westminster Abbey zu.
Elizabeth sitzt in einer goldenen Kutsche und strahlt. Erst 65 Jahre später erfuhr die Welt, dass die Fahrt eine Qual war. In der TV-Dokumentation „The Coronation“ erzählte Elizabeth 2018, dass der Weg zur Krönung „schrecklich“ gewesen sei, da sie in der Kutsche aus dem 18. Jahrhundert auf harten, nur mit Leder überzogenen Sprungfedern saß. Doch das durfte niemand ahnen, alles musste würdevoll aussehen, um die Bedeutung der Monarchie von Gottes Gnaden hervorzuheben.
Mit dem Eintreffen Elizabeths um elf Uhr in Westminster beginnt die prunkvolle, seit 900 Jahren fast unveränderte Krönungszeremonie: Der Erzbischof von Canterbury segnet die Königin, salbt sie mit geweihtem Öl und setzt ihr die Edwardskrone auf, wodurch Elizabeth offiziell zur amtierenden Regentin wird. Sie schwört auf den Erhalt Großbritanniens, des Commonwealth, der anglikanischen Kirche und auf die Befolgung der Gesetze.
Tausch der Kronen
Elizabeth nimmt mit den Krönungsinsignien Zepter, Stab und Kugel, die ihre Position als Souverän symbolisieren, auf dem Krönungsstuhl der Abtei Platz. Nun wird die aus Gold, Silber, Perlen und 444 Diamanten, Saphiren, Smaragden und Rubinen gefertigte Edwardskrone durch die etwas leichtere, aber immer noch über ein Kilo schwere Imperial State Crown ersetzt.
Um sich an das Tragen der Krone zu gewöhnen, war die Queen schon seit Wochen bei alltäglichen Verrichtungen im Buckingham Palace mit den Juwelen am Kopf herumspaziert, immer darauf bedacht, dass das Prunkstück nicht verrutscht. Auch an zwei Proben in der Westminster Abbey hat sie teilgenommen.
Die dreistündige Zeremonie geht ihrem Ende entgegen. Während die Königin die Kirche feierlich durch das Langhaus verlässt, singt die anwesende Menge „God save the Queen“, und aus dem Tower of London werden 21 Salutschüsse abgefeuert.
Elizabeth fährt zurück zum Buckingham Palace, auf dessen Balkon sie sich mit den engsten Familienmitgliedern erstmals als gekrönte Königin dem Volk zeigt. Danach gibt es ein festliches Abendessen für die Royals, während überall in Großbritannien Straßenpartys gefeiert werden.
Elizabeth II. war bereits am 6. Februar 1952, unmittelbar nach dem Tod ihres Vaters, George VI., als Oberhaupt des Vereinigten Königreichs proklamiert worden, doch ließ man aus Gründen der Pietät bis zur eigentlichen Krönung ein Trauerjahr vergehen.
An der Krönung nahmen 8.000 Gäste teil, darunter der hohe Klerus, die Aristokratie, die Regierung, ausländische Monarchen, Staats- und Regierungschefs. Insgesamt waren 25.000 Polizisten im Einsatz.
Während sich Premierminister Winston Churchill gegen eine Fernsehübertragung aussprach, bestand die Königin darauf, heftig unterstützt von Prinz Philip, der genau wusste, welchen Popularitätsschub die Livesendung der Monarchie verleihen würde. Das Interesse der Bevölkerung gab ihm recht: Hatte es in Großbritannien vor dem Ereignis wenige Hunderttausend Fernsehgeräte gegeben, so waren es nun vier Millionen. Weltweit saßen fast 300 Millionen Menschen an den Bildschirmen, 750 Kommentatoren berichteten in 39 Sprachen. In Österreich konnte man die Krönung nicht mitverfolgen, da es hier 1953 noch kein Fernsehen gab.
Acht Stunden im TV
Die Übertragung der BBC dauerte acht Stunden, so lang wird’s bei King Charles nicht sein, da man bei aller Aufrechterhaltung der Tradition zeitgemäß agieren möchte.
Bei der Krönung Elizabeths wurde nichts dem Zufall überlassen, ihr waren 14 Monate Planung vorausgegangen, die Prinz Philip überwachte.
Da die Inthronisierung ein vor allem optisches Spektakel war, spielten Kleidung und Schmuck der Royals wie der Gäste eine wichtige Rolle. Der Modeschöpfer Norman Hartnell hatte den Auftrag erhalten, die Königsfamilie einzukleiden. Der Queen wurden für das Krönungskleid neun Vorschläge unterbreitet, sie entschied sich für eines, das die Farben aller Commonwealth-Staaten enthielt. An ihren Schultern hing ein fünf Meter langer, mit Hermelin ausgekleideter Seidenmantel, der von sieben Königinnenjungfrauen gehalten wurde.
Es kriselt auch diesmal
70 Jahre später, am 6. Mai 2023, wird mit Charles III. der Sohn jener Queen gekrönt, die damals die Welt bezauberte. Zwar ist Großbritanniens heutige Situation mit der damaligen nicht zu vergleichen, aber es kriselt auch diesmal.
Wenigstens einen Tag lang werden die Briten von Brexit, Inflation, Wachstumsschwäche und Wirtschaftskrise abgelenkt.
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