CETA - und dann lange nichts mehr Großes

Proteste gegen das CETA-Abkommen zwischen der EU und Kanada.
Anfang Februar wird das EU-Parlament das Handelsabkommen mit Kanada annehmen, danach wird es um die großen EU-Handesverträge eher still werden.
Ingrid Steiner-Gashi

Ingrid Steiner-Gashi

Wer sich einen Mini kaufen möchte, sollte zuschlagen, bevor der "Brexit" vollzogen ist. Denn wenn Großbritannien die EU einmal verlassen hat, könnten Zölle anfallen - und der kleine fahrende Stolz der Briten dürfte um mindestens zehn Prozent teurer werden. An die 200 Teile des Mini werden aus den anderen EU-Ländern in das United Kingdom geliefert. "Daran sieht man, wie verwoben die Beziehungen zwischen Großbritannien und der EU sind", sagt Bernd Lange. Der Vorsitzende des Handelsausschusses im EU-Parlament sieht schwierige Verhandlungen auf Brüssel zukommen: "Wir müssen zweigleisig fahren. Einerseits müssen wir das Austrittsverfahren abhandeln, auf der anderen Seite Handelsabkommen mit Großbritannien ausarbeiten."

In Richtung Schweizer Modell

London wünscht sich, auch als künftiges Ex-EU-Mitglied ein Teil des Europäischen Wirtschaftsraumes bleiben zu dürfen. Danach sehe es derzeit allerdings nicht aus, meint Lange. "Vielmehr deutet alles hin in Richtung schweizer Modell: Für alle möglichen Bereiche werden entsprechende Handelsabkommen geschlossen." Vorerst aber bleibt abzuwarten, ob die britische Regierung tatsächlich wie angekündigt im März das offizielle Austrittsverfahren einleitet.

Das bisher umstrittendste Handelsabkommen, an dem die EU-Kommission die vergangenen Jahre arbeitete, ist hingegen so gut wie tot. "TTIP ist Geschichte", sagt der SPD-Abgeordnete Lange gegenüber österreichischen Journalisten in Brüssel, "das war es schon unter Obama. In drei Jahre langen Gesprächen haben wir in zentralen Fragen zwischen USA und EU so gut wie keine Fortschritte zu Wege gebracht." Und mit einem US-Präsident Trump werde es noch viel schwieriger, der Abschluss von Handelsabkommen vielleicht überhaupt unmöglich werden.

"Den Stecker gezogen"

Kaum besser steht es denn auch für das geplante Dienstleistungsabkommen Tisa. Vier Jahre lang hat die EU mit 22 Staaten verhandelt, bis Jahresende hätte es den Durchbruch geben sollen. Doch "jetzt haben die Amerikaner den Stecker gezogen", sagt ein in die Verhandlungen involvierter Beamter in Brüssel. Geplant war die Schaffung eines riesigen, fast schrankenfreien Marktes für Dienstleister, von Architekten über Bildungseinrichtungen bis hin zu Steuerberatern und vielen anderen Bereichen. Ohne die USA aber, so der Tenor in Brüssel, macht Tisa keinen Sinn.

Mit Erleichterung wird der Bremsgang bei den internationalen Handelsabkommen vor allem von den Grünen im Europäischen Parlament gesehen. "Wir sind nicht gegen Handel", stellt Ska Keller klar. Die junge deutsche EU-Abgeordnete, die diese Woche zur Fraktionsvorsitzenden der Grünen im EU-Parlament gekürt wird, befürchtete aber im Fall voin Tisa schwere Benachteiligungen für öffentliche Dienstleistungen. So etwa hätte Volkhochschulen die Streichung ihrer Subventionen gedroht.

"Nein" werden die Grünen auch am 2. Februar im EU-Parlament sagen. Dann steht das CETA-Abkommen mit Kanada zur Abstimmung. "CETA entspricht nicht den Prinzipien eines fairen Abkommens", begründet Ulrike Lunacek, Vize-Präsidentin des EU-Parlaments, ihre Ablehnung.

Dennoch wird CETA ein mehrheitliches "Ja" der EU-Mandatare bekommen - und damit zumindest bald in Teilen wirksam werden. Das vermutlich letzte größere Handelsabkommen der EU für längere Zeit.

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