Oben ohne

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Jürgen Preusser über weltmeisterliche Schriften in Schwarz, Rot und Gold.
Jürgen Preusser

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Ein Finale ohne Deutschland – das ist wie New York ohne Sinatra, Wien ohne den Prater, wie ein Herzschlag ohne Blut, Lindenberg ohne Hut, ...Sportfreunde Stiller "Lass mich nie mehr los") . Ja, selbst uns traditionell Piefke-neidigen Ösis fehlt irgendwas in diesem Endspiel. Viele geben es nur nicht zu. Und warum ist es so weit gekommen?

Deutschland ohne Torjäger: Dem Vergleich mit Genie-Wahnsinn-Boarderliner "Balotalia" (© Tuttosport) hielten weder Gomez noch Klose stand. Ohne Spielgestalter: Schweinsteiger ist völlig außer Form. Den Deutschen fehlt der Kopf. Sie spielten "oben ohne". Das gilt auch für den Trainer: Jogi Löw ohne goldene Hand. Grundaufstellung kopflos; Wechsel zahnlos.

Da stellen die Deutschen nach unzähligen Fehlversuchen ein weder großkotziges noch klugscheißendes Team auf die Beine – prompt verliert es seit 1996 alle großen Spiele. Aber bitte keine falschen Schlüsse ziehen: Das WM-Quali-Spiel am 11. September in Wien ist nur für Ösis ein großes. Die Rivalität ist nämlich sowohl sportlich als auch emotional höchst einseitig. Jeder der Sündenböcke vom 1:2 gegen Italien taugt gegen Österreich allemal zum Matchwinner. Und so sympathisch, dass sie den niedlich-neidigen Nachbarn gewinnen lassen, sind die Deutschen dann auch wieder nicht.

Ein Gebiet gibt es, in dem Deutschland sowieso Europameister ist: Die Journalisten Thomas Kistner (Neues Buch: FIFA Mafia) und Jens Weinreich heizen seit Jahren den korrupten Dachverbänden (FIFA, UEFA, IOC...) mörderisch ein. Sie scheuen auch vor Begriffen wie "skrupelloser Strippenzieher" (FIFA-Boss Blatter) oder "willfähriger Musterschüler" (UEFA-Boss Platini) nicht zurück. Sie knallen permanent unwiderlegbare Fakten auf den Tisch. Auch der ehemalige Superstürmer Karl-Heinz Rummenigge (Vorstandsvorsitzender des FC Bayern) wagte sich mit der Aussage, dass sich Sepp Blatter wie ein Aal aus jeder Affäre winde, weit aus dem Fenster.

Leider verlieren aber auch diese Kämpfer – wie auch der Schotte Andrew Jennings (Buch: Foul! The Secret World of FIFA) – immer wieder das große Spiel: Blatter & Konsorten sind offenbar unbesiegbar. Immerhin: In der Schweiz wurde "FIFA-Ethikkommission" (das ist die gelebte Persiflage einer Selbstreinigung) zum Unwort des Jahres 2011 gewählt.

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