Das Europäische Parlament als Kaderschmiede

Europa von innen: "Österreich könnte mehr bewirken"
In immer mehr Regierungen der 27 EU-Mitglieder sind ehemalige Abgeordnete des Europäischen Parlaments heute die politische Spitze des Landes.
Margaretha Kopeinig

Margaretha Kopeinig

Insgesamt neun Staatspräsidenten, Regierungschefs und zwei Vize, Österreichs Vizekanzler Michael Spindelegger sowie Großbritanniens stellvertretender Premier, Nick Clegg, waren in ihrer politischen Laufbahn europäische Volksvertreter. Frankreichs Staatspräsident François Hollande hat 2004 allerdings nur sechs Monate Straßburger und Brüsseler Luft geschnuppert. Der neue ungarische Präsident János Áder brachte es auf drei Jahre, Estlands Staatspräsident Toomas Hendrik Ilves auf zweieinhalb Jahre.

Zu den amtierenden Premiers mit Parlamentsbackground zählen: Elio Di Rupo (Belgien), Helle Thorning-Schmidt (Dänemark), Antonis Samaras (Griechenland), Valdis Dombrovskis (Lettland) sowie Robert Fico (Slowakei).

In fast allen 27 Regierungen sitzen auch Minister und/oder Staatssekretäre mit Europa-Erfahrung. In Frankreich sind es neben Hollande gleich neun Kabinettsmitglieder, darunter der wichtige Wirtschafts- und Finanzminister Pierre Moscovici sowie Außenminister Laurent Fabius. Spanien hat sechs Minister, Rumänien vier und Finnland drei, die zuvor im EU-Parlament waren.

Auch die französischen Ex-Staatspräsidenten, Jacques Chirac und Nicolas Sarkozy gehörten einmal dem Europäischen Parlament an.

Die Liste, die von der Österreichischen Gesellschaft für Europapolitik (ÖGfE) zusammengestellt wurde, zeigt, welche Bedeutung das EU-Parlament für die Karriere von Spitzenpolitikern hat. "Das Bonmot ,Hast du einen Opa, dann schick’ ihn nach Europa", stimmt einfach nicht. Für viele Parteien ist das Parlament die Kaderschmiede für politische Karrieren", sagt ÖGfE-Chef Paul Schmidt.

Es gibt aber auch Abwanderungsbewegungen von der Regierung in das Parlament. Belgiens Ex-Ministerpräsident Guy Verhofstadt sitzt seit Jahren in der europäischen Volksvertretung und ist dort streitbarer Vorsitzender der Liberalen Fraktion. Etliche Ex-Minister sind ebenfalls Abgeordnete.

EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso reist am Mittwoch zu seiner ersten Krisenvisite in Athen. Griechische Politiker nehmen der Kommission, aber auch den EU-Partnern sehr übel, dass es kaum Besuche gibt. Eine Ausnahme bilden EU-Kommissar Johannes Hahn sowie Parlamentspräsident Martin Schulz. Beide waren in den vergangenen Monaten öfter in Athen.

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