über LEBEN: Prinz & Puppe

über LEBEN: Prinz & Puppe
Einmal möchte ich Zielgruppe sein. Dazugehören. Aber es geht sich nicht aus.
Guido Tartarotti

Guido Tartarotti

Ich probier's ja immer wieder, aber mir fehlt das Talent zum Herdentier. Ich misstraue der Gruppe. Meiner Erfahrung nach neigen Gruppen dazu, im Zweifelsfall das Falsche zu tun. Wie sagt mein kluger Freund St.? "Der Mensch ist ein Tier mit geringer Schwarmintelligenz." Menschen verhalten sich im Kollektiv oft erstaunlich blöd, wie die Geschichte lehrt. Daran musste ich denken, als ich einmal im Stadion saß und meine Freunde mit dem Rest des Publikums einen schwarzen Spieler mit "Uh-uh-uh"-Lauten verhöhnten und gar nicht bemerkten, dass sie sich selbst zum Affen machten. Und obwohl ich seit 21 Jahren im Mediengeschäft tätig bin, stelle ich immer wieder erstaunt fest, dass ich die erlernten Regeln auf mich selbst nicht anwenden kann. Mich interessiert kein Österreich-Bezug - ich finde einen Mord in Mistelbach nicht interessanter als einen in Los Angeles. Mich interessieren auch die Nachbarländer nicht - ich lese lieber Reportagen über Neuseeland als über die Schweiz (die Schweiz ist, glaube ich, das Langweiligste, das je erfunden wurde). Ich habe keine Sehnsucht nach Positivgeschichten - ich suche in den Medien das Ungewöhnliche, nicht das Funktionierende. Mir vermittelt der Sieg eines Österreichers im Sport kein Wohlbefinden, ich halte immer zu den Lustigen, nicht zu denen mit dem gleichen Pass wie ich. Mich kümmert die Society nicht. Mir ist es auch egal, ob eine Geschichte exklusiv ist - ich bevorzuge das gut Geschriebene, egal, zu welchem Thema. Darum mag ich auch die beiden anderen Kolumnen auf dieser Seite. Was ich sagen will: Mir war noch nichts im Leben so unfassbar wurscht wie die Hochzeit dieses blassen Prinzenbubis, dem die Haare davongerannt sind, und der dürren, faden Kleiderpuppe. So, jetzt ist es raus.

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