über LEBEN: Fehlbesetzung

über LEBEN: Fehlbesetzung
Guido Tartarotti über das "Fehl am Platz" sein.
Guido Tartarotti

Guido Tartarotti

Am Telefon war ein netter Mensch von einem Fernsehsender, der mich einlud, in einer Talkshow darüber zu erzählen, wie ich nach monatelanger schwerer Abhängigkeit meine Facebook-Sucht überwunden habe. Und wie es sich angefühlt habe, 20 Stunden pro Tag und mehr in Facebook zu verbringen. Ich überlegte kurz, hinzugehen und meine Rolle als Fehlbesetzung zu genießen, aber dann sagte ich ihm doch die Wahrheit: Dass meine Gesamtaufenthaltszeit auf Facebook weniger als fünf Minuten beträgt, weil selbst Zehennägelschneiden für mich ein höheres Suchtpotenzial besitzt. In diesem Fall ziehe er die Einladung zurück, sagte der Fernsehsendermensch, ein Facebook-Aussteiger sei telegen, ein Facebook-nieeinsteiger nicht. Glück gehabt: Es gibt kaum etwas Unangenehmeres, als im Fernsehen zu sitzen und genau zu spüren, wie man vom Gravitationsfeld der Kamera in einen Dodel verwandelt wird. Übrigens: Bei meinem ersten Fernsehauftritt sagte die Moderatorin zu mir: "Guido Tartarotti, Sie haben Falco gut gekannt, was war er für ein Mensch?" Und ich gab ehrlich zur Antwort: "Keine Ahnung, ich bin Falco nie begegnet."

Als Fehlbesetzung bin ich wirklich gut. Einmal lud ein Kabarettist, dessen Name mit T anfängt und mit homasmaurer aufhört, einen Freund und mich zu einer Party, die sich als völlig spaßbefreite Verkostung von Luxussüßweinen entpuppte, wo humorlose Önologen mit jesuitischem Ernst Weine gurgelten und spuckten. Man händigte uns Bewertungsbögen aus, und nach langem Überlegen notierte ich in der Spalte "Aromen" bei 12 von 16 Weinen "süß", bei zweien "sehr süß", bei einem "ziemlich süß" und beim letzten "Hier regiert der SCR". Als wir höflich fragten, ob wir ein Bier haben könnten, verwies man uns des Hauses. Mein Freund machte später eine Karriere als Kaiser und als Facebook-Junkie.

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