Rom

Guido Tartarotti

Guido Tartarotti

Ich fand den Geschmack grauslich, aber die Wirkung sehr angenehm.

von Guido Tartarotti

über erste Male

Jetzt also wieder nach Rom. Zuletzt war ich vor 31 Jahren dort, damals war ich 14. Ein Lehrer unserer Schule (ein netter Mensch, er unterrichtete Deutsch und Religion, war nebenberuflicher Schamane und hielt sich in seiner Freizeit manchmal für Jesus) hatte eine Ferien-Reise organisiert. Im Nachtzug, der „Romulus“ hieß, trank ich zum ersten Mal im Leben Alkohol, irgendwer hatte eine Flasche Rotwein eingeschmuggelt. Ich fand den Geschmack grauslich, aber die Wirkung sehr angenehm (das blieb bis heute so). Noch andere Dinge tat ich in Rom zum ersten Mal, und ich fand viele davon sehr schön: Mopedfahren. Meditieren (unter Anleitung des Freizeitjesus, auf der Spanischen Treppe sitzend). Und bis zum Morgengrauen aufbleiben. Das Aufbleiben empfand ich geradezu als Befreiung – plötzlich wurde mir bewusst, dass ich ein Nachtmensch bin, der sich nach Mitternacht, wenn die Luft so richtig schwarz wird, am wohlsten und aktivsten fühlt. Geraucht haben wir auch, aber das fand ich weniger interessant. Außerdem probierte ich zum ersten Mal Kaffee und bekam darauf elende Magenkrämpfe. Bis heute trinke ich keinen Kaffee (manchmal probiere ich welchen, doch die Wirkung bleibt die gleiche).

Meine stärkste Erinnerung an Rom aber ist der erste Blick auf den gigantisch großen Petersplatz: Ich streng katholisch erzogenes Kind wurde augenblicklich religiös ergriffen und glaubte für eine halbe Stunde tatsächlich an Gott (vorher hatte ich zwar geglaubt, zu glauben, aber das war nie mehr als eine diffuse Ahnung einer Verpflichtung – ich dachte als Kind immer, Gott wird böse, wenn ich nicht an ihn glaube). Nach dieser halben Stunde war das Gefühl verschwunden und kam nie wieder.

Rom hat mich damals für immer verändert. Ich bin schon neugierig, was es jetzt mit mir macht.

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