Papa, bitte, wo bleibst du?

Was das Kind jetzt will: Tiefschneehänge, schwarze Pisten und Lifttrassenfahrten.
Guido Tartarotti

Guido Tartarotti

Man muss nach dem Abschwingen nach unten schauen, nicht mehr nach oben.

von Guido Tartarotti

über Skiurlaub mit der Tochter.

In der Gondel hatte mir meine Tochter noch erklärt, dass man die Apps auf dem Handy schließen muss, sonst fressen sie Strom. Ich hatte gedacht, die schließen sich von selbst, wenn ich aus den Apps aussteige. Dann nimmt mir meine Tochter das Handy weg und zeigt mir, dass alle Apps, die ich jemals geöffnet hatte, seit ich dieses Handy besaß, noch offen waren.

Na gut, dachte ich, mit Technik kennt sie sich besser aus als ich, aber beim Skifahren bin ich der, der weiß, wo es langgeht. Wir fahren los, unsere erste Abfahrt in diesem Urlaub, ich ziehe in langen, flotten Kurven den Hang hinunter. Auf der zweiten Geländekuppe schwinge ich ab, weil ich von früheren Skiurlauben weiß, dass sie es nicht weiter schafft, spätestens hier muss sie verschnaufen. Abgesehen davon brennen mir selbst schon Oberschenkel und Lungen.

Automatisch richte ich den Blick nach oben: Wie weit habe ich sie abgehängt? Wann kommt sie daher? Aber: Nirgends sehe ich meine Tochter. Ist sie etwa gestürzt? Aber nirgendwo auf dem Hang sehe ich jemanden liegen. Hat sie die Abzweigung verpasst? Sie musste mir doch nur nachfahren, außerdem kennt sie diese Piste seit elf Jahren!

Als ich nach etwa zwei Minuten Warten gerade beginne, mir Sorgen zu machen, fällt mein Blick zufällig in die Gegenrichtung, hangabwärts. Und dort steht meine Tochter, bereits beim Lift angestellt, und winkt genervt in meine Richtung. Ich fahre zu ihr und sie sagt: „Papa, biiiiitte, wo bleibst du?“

Genau das lerne ich in diesem Urlaub – der Unterschied zwischen Skifahren mit einer 15-Jährigen und Skifahren mit einer Sechsjährigen, Zehnjährigen oder Zwölfjährigen ist dieser: Man muss nach dem Abschwingen nach unten schauen, nicht mehr nach oben.

Die Zeiten, da es beim Skifahren in erster Linie darum ging, ein Klo, einen Teller Frittatensuppe und die Hütte mit der lieben Katze aufzutreiben, sind eindeutig vorbei. Was das Kind jetzt will: Tiefschneehänge, schwarze Pisten und Lifttrassenfahrten.

Guido Tartarottis neues Kabarettprogramm "Selbstbetrug für Fortgeschrittene" ist am 10. März und 23. Mai im Theater am Alsergrund zu sehen, am 21. April in der Hinterbrühl, Anningersaal, und am 28. April im Wilheringerhof, Klosterneuburg.

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