Es lebe die Panne!

Sie reduziert unseren Luftdruck.
Guido Tartarotti

Guido Tartarotti

Aufgeblasen und wichtig sind wir ohnehin.

von Guido Tartarotti

über den Zauber der Panne.

Woran wird man sich in zehn Jahren, ach was, in einem Jahr, ach was, in drei Monaten noch erinnern, wenn man an die Oscars 2017 denkt? Dass Colleen Atwood den Oscar für Kostümdesign im Film „Phantastische Tierwesen und wo sie zu finden sind“ gewonnen hat? Ok, das war unfair. Sagen wir: Daran, dass Casey Affleck bester Hauptdarsteller war – oder doch an die Panne?

Man muss gar nicht mehr sagen als „die Panne“, und jeder weiß, was gemeint ist: Falsches Kuvert, Chaos, Tränen, großes Kino! Man sollte die Panne selbst auszeichnen, als bester Hauptdarsteller in einem Drama.
Weltweit tat man ganz empört wegen der Panne, und der Verantwortliche hat grad keine gute Zeit. Ich finde ja, man sollte ihm eine Gehaltserhöhung geben – denn er hat einer schnarchfaden Veranstaltung einen erinnernswerten Moment gegeben.

Ich gestehe, ich liebe die Panne. (Zugegeben, nicht JEDE Panne. Im Flugzeug, beim Arzt und bei der Fortpflanzung kann ich auf Pannen verzichten. Und manche Pannen sind auch erst später lustig. Etwa, als ich die Schneeketten auf die Hinterreifen montierte, weil ich nicht wusste, dass das Auto Vorderradantrieb hatte. Oder als ich mit offenem Hosentürl auf der Bühne stand und mich freute, dass die Pointen so gut ankamen.)

Aber meist sind Pannen eine wunderbare Abwechslung vom Geplanten, Genormten, Einheitlichen. Und sie sind soviel interessanter. Gibt es etwas Langweiligeres als Perfektion, im Leben und in der Kunst? Die Musik meiner Lieblingsband, der Rolling Stones, ist im Prinzip eine einzige Panne, ein ununterbrochenes Stolpern, und deshalb klingt sie so gut. Pannen sind humoristische Geschenke des Zufalls. Wenn etwa in der Presse steht „Der föhnige Wind belastet Personen mit niedrigem Luftdruck“ (statt „Blutdruck“ – Danke an Leserin W.-H.!), dann ist das ein wunderbarer Druck-Fehler.

Das tut die Panne: Sie reduziert unseren Luftdruck – aufgeblasen und wichtig sind wir ohnehin.

Guido Tartarottis neues Kabarettprogramm "Selbstbetrug für Fortgeschrittene" läuft am 21. April in der Hinterbrühl, Anningersaal, am 28. April im Wilheringerhof, Klosterneuburg, am 6. Mai im Kulturcentrum Wimpassing, am 23. Mai im Theater am Alsergrund, am 31. Mai in der Kulisse Wien und am 8. Juni im Casino Baden.

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