Die Unersättlichen

Wolfgang Winheim

Wolfgang Winheim

Der Skizirkus will demonstrieren, dass er mehr ist als ein alpiner Inzuchttreff

von Wolfgang Winheim

über den besonderen Reiz der Streif

Mit 40 Kameras will der ORF am Samstag am Hahnenkamm im Bilde sein. Und weil aus Kitz sogar schon am Montag mit dem vermeintlichen Skiwahn und einer Übertragung von der Europacup-Abfahrt begonnen wurde, schütteln (Sommersport-)Journalisten ob dieses Aufwandes den Kopf. Fehlt nur noch, murren sie, dass auch die nächtliche Kantenschleiferei der Serviceleute live gesendet werde. Eine garstige Übertreibung, wird doch heute (wenige Stunden nach der ORF-Trainingsübertragung) "nur" die Mannschaftsführersitzung live aus Kitzbühel gezeigt. Zu sehen und hören ab 17 Uhr in ORF Sport+.

Diese TV-Premiere kann zum Englisch-Nachhilfeunterricht werden, zumal bei der Betreuersitzung ausnahmslos englisch gesprochen (und der ORF auf eine Übersetzung verzichten) wird. Und das, obwohl 90 Prozent der anwesenden Mannschaftsführer, pardon Teamcaptains, deutsch als Muttersprache haben.

Wenn der Südtiroler FIS-Weltcup-Direktor Markus Waldner und sein weltmeisterlicher oberösterreichischer Assistent Hannes Trinkl (WM-Gold 2001) ihre Streif-Rules verkünden, dann lauschen neben dem Tiroler ÖSV-Cheftrainer Andreas Puelacher ...

... der Vorarlberger Chefcoach des Deutschen Skiverbandes, Mathias Berthold,

... der steirische Sportchef der Norweger, Christian Mitter,

... der steirische Langzeitcoach der Schweizer, Sepp Brunner,

... der Salzburger Trainer des US-Trainingsschnellsten Steve Nyman, Alexander Hödlmoser.

Nur im starken französischen Team wird nicht deutsch, doch (anders als zur Weltcup-Gründerzeit von 50 Jahren) vor Mikrofonen ebenfalls unaufgefordert englisch geredet.

Der Skizirkus will demonstrieren, dass er mehr ist als ein alpiner Inzuchttreff. 79 Läufer aus 16 Nationen hatten sich beim ersten Captains-Meeting auslosen lassen. Inzwischen verließ einige schon der Mut, was nachvollziehbar ist für jeden, der schon einmal aus dem Starthaus ins Nichts gestarrt hat. Und weil auch Verletzungen, so makaber es klingt, zum Alltag gehören, werden es am Renntag geschätzte 20 Mann weniger sein.

Der junge Schweizer Montag-Sieger Gille Roulin ist bereits abgereist. Auch der beste Österreicher, Johannes Kröll, der für seinen sechsten Rang mit 540 Euro brutto belohnt wurde, fehlte gestern am Start.

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