Der doppelte Fuffziger

Wolfgang Winheim

Wolfgang Winheim

Anlässlich seines runden Geburtstags wird Tomba Alta Badia kaum die Ehre geben.

von Wolfgang Winheim

über Alberto Tomba

Um die Grödner Saslong-Abfahrt machte Alberto Tomba stets einen Bogen. Auch Super-G-Starts waren ihm dort von seiner Mama verboten worden. Auf der nördlichen Seite des Grödner Jochs dagegen, in Alta Badia, hat Tomba vier Mal aufgetrumpft.

Morgen, Montag, wird der Mann, der 50 Weltcup-Rennen gewann, 50 Jahre alt.

Anlässlich seines runden Geburtstags wird Tomba Alta Badia kaum die Ehre geben. Obwohl dort heute und morgen die aktuelle Elite, angeführt von Weltcup-Leader Marcel Hirscher, um Punkte fährt. Und obwohl die Veranstalter im Gadertal Alberto so oft den roten Teppich ausgerollt haben. Nur im Vorjahr, als Alta Badia "30 Jahre Weltcup" gefeiert hat, soll das Honorar nicht den Vorstellungen des Ehrengastes entsprochen haben.

Tomba ist immer noch Junggeselle, ist immer noch sehr auf gutes Aussehen bedacht. Und immer noch von Beruf Alberto Tomba. Soll heißen: Allein Albertos Anwesenheit hat ihren Preis. Dazu sei fairerweise erwähnt, dass kein anderer italienischer Skifahrer je so einen Boom (von dem auch Industrie und Tourismus profitierten) auslöste. Zu Tausenden zogen Ski-Tifosi nur wegen des Pisten-Gigolos durch die Alpen.

Tomba genoss den Rummel. Und wenn der Verkehrsstau nach Rennen unerträglich wurde, dann kam es schon vor, dass er Blaulicht an seinem Boliden platzierte. Mit Vorschriften nahm’s der Pro-Forma-Hauptfeldwebel der Carabinieri auch gegenüber dem Finanzamt nicht so genau. Aber das wurde ihm natürlich erst zum Vorwurf gemacht, als die Erfolge nachließen.

Nach Karriereende musste Tomba vier Millionen Euro an Steuern nachzahlen. Was den Geizkragen besonders geschmerzt haben wird, kam es doch sogar einer Sensation gleich, wenn er einmal seinen Südtiroler Freund, Helfer und PR-Mann Robert Brunner auf einen Cappuccino einlud. Brunners spätere ÖSV-Klienten Stephan Eberharter und Benjamin Raich zeigten sich diesbezüglich ungleich dankbarer. Brunner übersetzte oft nicht wörtlich, was der Alberto so vor Mikrofonen daherplauderte. Und er musste dem Vergesslichen oft Brille und Helm nachtragen. Oder am Renntag zum Aufbruch mahnen, wenn Alberto bei der Morgentoilette zu viel Zeit vor dem Spiegel verbrachte.

Ohne Brunner wären deutschsprachigen Journalisten viele Tomba-Anekdoten vorenthalten geblieben. Ohne seinen Roberto hätte Tomba zuweilen den Rennstart versäumt.

Zum Begräbnis des in allen Weltcupteams so beliebt gewesenen schwerkranken Brunner, der im Herbst noch bis zwei Wochen vor seinem Tod für den Südtiroler Wintersport auf PR-Tour war, ist Tomba gerade noch rechtzeitig gekommen.

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