Durch andere Brillen

Wolfgang Winheim

Wolfgang Winheim

Die Vereinsbrille kennt die neue Generation nicht

von Wolfgang Winheim

über die neue Ski-Generation

Regen prasselte auf die Betreuerautos, mit denen die Rennläufer am Sonntag um 7.15 Uhr früh zu ihrem slowenischen Arbeitsplatz gebracht wurden. Ein grenzwertiger Blindflug musste befürchtet werden.

Der leicht fehlsichtige Marcel Hirscher (er überlegt eine Laser-Operation) setzte Motocross-Brillen aus dem Fundus seines Weltmeister-Freundes Mathias Walkner auf.

Das Experiment ging fast ins Auge – Hirscher vermied gerade noch ein Ausscheiden.

Alexis Pinturault behielt zumindest in Durchgang 1 den Durchblick. Der überlegene Halbzeitbeste trug Brillen einer US-Firma, die Ted Ligety gehört.

Grinsend bestätigt der amerikanische Dreifach-Weltmeister: Jawohl, er sponsere den jungen Franzosen. Der in Wahrheit ein halber Norweger ist. So wie Hirscher ein halber Holländer.

Pinturaults Mama stammt aus Bergen im Hohen Norden, Hirschers Mutter aus Den Haag.

Die beiden Leichtgewichtler Pinturault (21) und Hirscher (24) werden, Gesundheit vorausgesetzt, in den nächsten Jahren nur noch schwer zu schlagen zu sein. Das prophezeien auch Ligety (der ungarische Vorfahren hat) und Aksel Lund Svindal, der jetzt in Innsbruck wohnt.

Sollte Svindal dem Weltcup-Spitzenreiter Hirscher beim Finale in Lenzerheide die große Glaskugel wider Erwarten doch noch wegschnappen, kann ihm kaum wer bös sein. Zu fair verhält sich der norwegische Hüne. Vor Mikrofonen kam ihm überhaupt noch nie eine unbedachte Äußerung über die Lippen.

Der Ski-Rennlauf begünstigt, zumal nur gegen den Berg gefahren wird, eine gute Chemie unter Konkurrenten , während in Fuß-, Handball und Eishockey der hautnahe Kampf Mann gegen Mann automatisch mehr Konfliktpotenzial garantiert.

Trotzdem: Es fällt positiv auf, wie sich bei jungen Skistars anders als in den Köpfen mancher Funktionäre multinationales Denken durchgesetzt hat.

Die Vereinsbrille kennt die neue Generation nicht. Es macht einfach nur g r e n z e n l o s Spaß, Hirscher bei seinen Kunststückerln zuzusehen.

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