Neuer Job für Schüssel in Italien-Denkfabrik

Daniela Kittner
Pensionist Wolfgang Schüssel verbringt seine Tage nicht auf der Parkbank. Er hält Vorträge "von Moskau bis Riad" und trifft führende Persönlichkeiten zum Gedankenaustausch.

Alt-Bundeskanzler Wolfgang Schüssel ist gerade 67 geworden. "Trotzdem spielt er immer noch besser Fußball als ich – bedauerlicherweise", schmunzelt sein langjähriger Freund, der ÖVP-Abgeordnete Erwin Rasinger. Schüssel spielt immer noch jede Woche Fußball, musiziert, zeichnet und liest sehr viel. "Er ist sehr gut drauf", erzählt Rasinger.

Zwar ist jetzt Schüssel vom engen Termin-Korsett, in das alle Spitzenpolitiker gezwängt sind, befreit, aber auf dem Parkbankerl verbringt der Pensionist seine Tage nicht. "Er verbringt mehr Tage unterwegs als er in Wien ist", sagt seine frühere Sprecherin und nunmehrige Strategieberaterin Heidi Glück .

Donnerstag Abend etwa hielt Schüssel einen Vortrag über die Zukunft der EU in Salzburg. Schüssels Ausweg aus der Krise: Wachstum, aber nicht finanziert mit neuen Schulden, sondern generiert durch Unterstützung der europäischen Industrie. Schüssel ist Befürworter des Wachstumsplans von Italiens Regierungschef Mario Monti. Dieser beruht im Kern auf einer Vervollständigung des Binnenmarkts.

Neuer Job für Schüssel in Italien-Denkfabrik

Schüssels Aktivitäten als Aufsichtsrat des deutschen Energieriesen RWE sowie als Kuratoriumsmitglied der deutschen Bertelsmann-Stiftung – eines Thinktanks auf den Werten von Leistung und Unternehmertum – führen ihn viel auf Reisen. Er hält Vorträge "von Moskau bis Riad" (Glück) und trifft führende Persönlichkeiten zum Gedankenaustausch. Zuletzt traf er am Sommerfest der CDU mit Angela Merkel zusammen.

In Italien ist Schüssel neuerdings im Bord des Forum Villa d’Este, ein Spitzen-Diskussionsforum am Como See, bei dem einmal im Jahr über künftige ökonomische und geopolitische Entwicklungen diskutiert wird. Veranstaltet wird das Forum vom "European House – Ambrosetti", einem Management-Consulting mit Niederlassungen in den USA, Europa, China und Japan.

Politisch hat sich Schüssel nicht geändert, er polarisiert wie einst als schwarz-blauer Kanzler. Ende Mai reiste er zu Victor Orban nach Ungarn und lobte die Politik des national-populistischen Premiers als "richtig, besonnen und modern-patriotisch".

Auch seinen Finanzminister Karl-Heinz Grasser nahm er in Schutz. Dieser habe seine Stellung nicht missbraucht, "misslich" sei vielmehr, dass ihn die Justiz durch "Verhöre sekkiert", aber weder eine Anklage erhebt noch das Verfahren einstellt.

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