Internationale Medien revidieren Urteil über „rechtes Bollwerk“

Das verrufene Haider-Land macht erstmals positive Schlagzeilen.
Daniela Kittner

Daniela Kittner

Das verrufene Haider-Land macht erstmals positive Schlagzeilen.

von Dr. Daniela Kittner

über das Image Kärntens

Die Kärntner haben sich am 3. März selbst einen Gefallen getan. Ihr Votum machte international Schlagzeilen – und zwar die ersten positiven seit langer Zeit. Kärnten war dank Jörg Haider verrufen, es galt als „Festung der extremen Rechten“. Der politische Umsturz wurde, unüblich für eine so kleine Region, von vielen bedeutenden Medien aufmerksam registriert und analysiert.

Das Votum der Kärntner schaffte es sogar in die New York Times. Die führende US-Zeitung widmete sich in erster Linie dem Auftauchen der neuen Protestbewegung Frank Stronachs. In dem Artikel heißt es: „Mr. Stronach profitierte von dem Beinahe-Total-Kollaps der FPÖ, die einst vom Rechtspopulisten Jörg Haider geführt worden war. Kanzler Werner Faymanns Sozialdemokraten wurden Erste in Kärnten und sind im Begriff, die FPÖ von der Kontrolle des Landes zu verdrängen. Es ist eine bedeutende Niederlage in der Festung dieser Partei weniger als fünf Jahre nach Haiders Tod bei einem Autounfall.“

Der britische Guardian widmet Kärnten unter dem Titel: „Österreichs Rechtsaußen-Kernland hat sein Herz gewendet“ eine ausführliche Analyse. Zentrale Aussage: „Die Kärntner Wähler haben den Rechtspopulismus der Haider-Nachfolger abgestoßen.“ Die rot-grüne Mehrheit bereite „der Kärntner Ausnahmesituation ein Ende“. In der ökonomisch rückständigen Region sei ein ungewöhnlich hoher Wähleranteil der Voll-Beschäftigungspolitik des Dritten Reichs, die von Haider gelobt worden war, nachgehangen. „Der Sieg der rot-grünen Allianz, angeführt von Peter Kaiser, markiert ganz klar das Ende einer Ära.“ Über SPÖ-Chef Kaiser schreibt der Guardian: „Dem studierten Soziologen wurde nachgesagt, zu akademisch zu sein, um in Kärnten viel zu erreichen. Kaiser verdankt seinen Erfolg einer Revolte der Wähler, die von Haiders finanziellen Praktiken, für die sie einen hohen Preis zahlen, angewidert waren. Die Region ist schwer verschuldet und mit einem Image befleckt, das Investoren abschreckt.“ Kaiser verdanke auch sehr viel der Detektivarbeit der Grünen. „Rolf Holub hat eine Karriere als Kabarettsänger aufgegeben, um sich vier Jahre durch Tausende Seiten von Unterlagen durch zu arbeiten und die Vergehen der Ära Haider aufzudecken.“

Sogar der Läuterungsprozess der Kärntner ÖVP wird im Guardian vermerkt: „Die Volkspartei, deren Chef im Jänner wegen Korruption zu Gefängnis verurteilt worden war, hat ordentlich aufgeräumt und wird sich nun der rot-grünen Koalition anschließen.“

Unter dem Titel „Der Jörg holt keine Stimme mehr“ schreibt die Frankfurter Allgemeine Zeitung: „Der ,Jörg’, das musste man damals, in den neunziger Jahren, niemandem erklären (...) Das ist der Grund, warum die Abstimmung von knapp einer halben Million Wahlberechtigten so große Wellen schlägt. Am Sonntag ist die Ära Jörg Haider endgültig zu Ende gegangen.“ Über Strache schreibt die FAZ: „Gänzlich geht ihm die schillernde Brillanz Haiders ab.“

In Italien schreibt der Corriere della Sera: „Haiders Partei verliert Kärnten, das als Festung der extremen Rechten galt.“

La Repubblica vermerkt: „Die ultranationalistische und fremdenfeindliche österreichische Rechte hat in Kärnten eine Abfuhr bekommen.“ Frank Stronach nennt die Repubblica den „Beppe Grillo d’Austria“.

Die französische Tageszeitung Le Monde publizierte eine lange Analyse über Kärnten gleichlautend dem britischen Guardian. Le Monde schreibt, dass der Sieg Peter Kaisers in dem rechten Bollwerk Kärnten ein „Bruch“ ist. Auch Le Monde vermerkt, dass man Kaiser für „zu intellektuell“ gehalten habe, „um in Kärnten zu reüssieren“. Aber die Kärntner hätten sich anders entschieden.

Am Samstag hielt die SPÖ-Kärnten eine Klausur ab, auf der Personalentscheidungen fielen. Diese muten allerdings wenig fortschrittlich an.

Hatte Kaiser am Wahltag noch geschwärmt, dass viel mehr Frauen als Männer die SPÖ gewählt hatten, so wurde er bei der Postenbesetzung der „weiblichen SPÖ“ nicht gerecht. Von vierzehn Landtagsabgeordneten sind nur zwei Frauen. Zudem gehen der erste und der zweite Landtagspräsident an Männer (Reinhart Rohr und Rudolf Schober), der Landesschulratspräsident an einen Mann (Rudolf Altersberger) sowie das zusätzlich eroberte Bundesratsmandat (Günther Novak, Bürgermeister von Mallnitz). Ana Blatnik bleibt Bundesrätin; das Nationalratsmandat von Gerhard Köfer (Ex-SPÖ, nun Team Stronach), der in die Landesregierung wechselt, geht an Irene Szep, die nächste auf der SPÖ-Liste.

Offen ist noch, wer Finanzlandesrat wird und die Kärntner Budgetsanierung durchführen muss. Es kursieren zwei Namen: Der Beamte Horst Felsner oder, was ein Coup wäre, Ex-SPÖ-Chefin Gaby Schaunig.

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