Seltsame Auto-Biografie
Es gibt ja kaum etwas Schöneres, als einen entspannt gedachten Skiurlaub mit einem ordentlichen Thrill zu beginnen.
Sie
Rowdys. Raser. Radar. Die ATV-Serie "24 Stunden. Leben auf der Autobahn" mag ja packend sein. Aber sie ist nicht so nervenzerfetzend wie eine Urlaubsfahrt im Auto mit dem Mann nebenan. Das beginnt mit dem Befüllen des Fahrzeugs, das fast jedes Mal haarscharf an einem (an seinem!) Amoklauf vorbeischrammt. Es ist nämlich so, dass er seinen Familienvan erst vom Gepäck des Lebens befreien muss, bevor er ihn mit dem Gepäck für den Urlaub befüllen kann. Das alleine wäre ein Fulltime-Job für eine Umzugsfirma. Denn Herzkönig pflegt zu horten. Und zwar Dinge, von denen er mir gegenüber vorgibt, sie "entsorgt" zu haben: alte Flaschen, alte Bücher, alte Wäscheständer, alte Fetzen. Also räumt er um – nicht ohne den einen oder anderen Begriff zu formulieren. Der mit O am Anfang und SCH am Ende ist da noch harmlos.
Wischerwasser-Drama
Aber wir wollen uns nicht im Detail verlieren, daher: die Sache mit dem Benzin. Ich habe die Theorie, dass er das beliebte Spiel WievieleAutobahnkilometergehensichmitfastleeremTankaus? nur deshalb so gerne praktiziert, um meine Nerven zu kitzeln. Auch heuer wieder reizte er das Thema bis zum allerletzten Treibstoff-Tropfen aus. Des Kein-Benzinbruders Lust nicht genug: Kaum hatten wir die Autobahnraststätte nach dem Auftanken verlassen, ging bei Urlaubskilometer 45 das Wischerwasser aus, was er mit folgender Banalität kommentierte: Ups, daran habe ich jetzt aber nicht gedacht. Ups, war das dann lustig. Es gibt ja kaum etwas Schöneres, als einen entspannt gedachten Skiurlaub mit einem ordentlichen Thrill zu beginnen: Ist da jetzt ein schwarzes Auto vor uns oder ist das doch nur der Dreck, der nicht mehr von der Windschutzscheibe runterzukriegen ist? In solchen Momenten hätte ich nichts dagegen, an einem Parkplatz ausgesetzt zu werden. Mit einem Taferl um den Hals: "Wer will mich?"
Er
Ich gestehe, es stimmt: Das Wasser in der Autoscheibenwischanlage ging mitten auf der A1 aus. Und das war ein paar Kilometer lang ein bisserl mühsam. Und zwar eher nicht so wegen meiner minimal eingeschränkten Sicht, sondern vielmehr wegen ihres Hangs zur maximalen Nervosität. Aber das kommt eben vor. Es ist nämlich so, dass ich nicht vor jedem Fahrtantritt prophylaktisch Wasser nachfülle. Denn täte ich das, stünde in der Spalte links "Hilfe, mein Mann ist ein Wischerwasserneurotiker!" So hingegen fällt das Ganze in die Kategorie Pech und soll schon so manchem anderen (wenn nicht jedem) Piloten schon passiert sein. Für meine Frau ist es aber deshalb erwähnenswert, weil sie als Reisende stets von einer inneren Unruhe geplagt ist. Daher will ich den Umstand, dass mein Tank immer halb voll, ihrer indes immer halb leer ist, auch gar nicht im Detail ausführen. Außer ihn vielleicht um den Hinweis ergänzen, dass ich in mehr als 25 Jahren noch niemals benzinlos auf dem Pannenstreifen ausrollen musste, was sie sehr gerne mit einem meiner allerliebsten Argumente quittiert: "Tja, es gibt immer ein erstes Mal."
Hast du ...?
So oder so: Wesentlich unangenehmer als ihre bemüht unauffälligen Beifahrer-Blicke in den Seitenspiegel, auf den Tacho oder auf das Radio-Display (ob der Verkehrsfunk-Modus aktiviert ist), empfinde ich ihren "Hast du?"-Tick. Heißt: Sie konfrontiert mich auf unserem Weg zum Urlaubsdomizil laufend mit Fragen, die sie mir sinnvollerweise stellen hätte müssen, als wir noch daheim waren. "Hast du eigentlich den Mistsack noch weggebracht?" – "Ja!". "Hast du eh die Schneeketten mit?" – "Jaaa!". "Hast du hoffentlich Paaradox geschrieben?" – "Jaha!" Dagegen hilft mitunter nur die Schocktherapie: "Verzeihung, Schatz, hast du mich etwas gefragt? Ich bin offensichtlich kurz eingeschlafen!"
Twitter: @MHufnagl
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