Gruß aus der Küche

Gruß aus der Küche
Überraschung. Wenn er den Dinner-Coup plant, muss sie Gelassenheit offenbaren
Gabriele Kuhn

Gabriele Kuhn

Michael Hufnagl

Michael Hufnagl

Ab dem späten Nachmittag roch es nach verbrannten Zwiebeln.

von Gabriele Kuhn

über die Szenen einer Redaktionsehe.

Sie

Und plötzlich hatte der Mann nebenan jenes Funkeln in seinen Augen, bei dem die erfahrene Ehefrau sofort denkt: verdächtig! Da saß er mit dem Kochbuch Liebe muss kein Püree sein, und schrieb eine Einkaufsliste unter dem Motto: Wie koche ich sie unauffällig ein? Ich fragte: „Was wird das?“ Er sagte: Überraschung! und warf suspekte Luftküsschen. Hm, hm. Von da an war ich mit Ursachenforschung beschäftigt: Warum tut er das? Was weiß ich (noch) nicht? Was will er? Was is’ sei Fehlleistung? Ich war auf alles gefasst.

Essen fertig! Aber warum?

Ab dem späten Nachmittag roch es nach verbrannten Zwiebeln, alle Geräusche ließen darauf schließen, dass seine plötzlich entflammte Kochlust unter keinem optimalen Stern stand. Ein Mars-Pfannen-Quadrat, würden es Astrologen formulieren. Irgendwann rief er: Essen fertig! Und ich machte gute Miene zum Boeuf Schuhsohlanoff, dessen Farbe mich an meine grauen Winterboots erinnerte. Nach dem Dessert – heiße Liebe, ausgezeichnet– wartete ich auf das, was nun kommen würde. Aber: Es kam nix! Kein Duhu ich tät nächste Woche spontan eine Woche wegfahren, du kommst eh mit dem Hund zurecht?-Gesäusle, keine Du ab morgen sind leider drei Fußballspiele hintereinander und ich bin ab sofort für dich total unansprechbar-Ankündigung. Nix. Nada. Er hatte gekocht, einfach so. Oder wie er es formulierte: Ich habe was gezaubert. Für dich, für uns. Aus Jux und Tollerei. Mir fiel Wilhelm Busch ein: „Aber hier, wie überhaupt, kommt es anders als man glaubt“. Etwas näher betrachtet, ist der Mann nebenan genau dafür der absolute Top-Experte.

Nächste Lesungen: 24. 10., 9. 11. und 28. 11. Rabenhoftheater, 18. 11., Stadtgalerie Mödling, 25. 11. Arkadensaal Langenlois

gabriele.kuhnfacebook.com/GabrieleKuhn60

Er

Kein Schmäh – ich habe allen Ernstes intensiv über dem Rezept von Zucchini-Paradeiser-Schiffchen mit Bulgur gebrütet, um mich gedanklich auf den ganz großen Coup vorzubereiten. Ich habe mir sogar das ergänzende Zubereitungsvideo angesehen, um am Ende auch sicher sein zu können, dass ich mit einer grandiosen Idee Familiengeschichte schreibe. Ja, ich wollte Frau und Tochter bewusst mit einem Dinner überraschen, das für mich selbst bestenfalls das Zeug zu einem Amuse Höll hätte. Der Plan, die Liebste nach so vielen gemeinsamen Jahren mit einem Durchbruch des eigenen Essmusters zu überraschen, schien mir fulminant. Wissend, dass gnä Kuhn keinen Kampf so leidenschaftlich führt wie jenen gegen die Alltagsroutine.

Irrtum

Das Problem war nur, dass die Passage Zucchinifruchtfleisch mit Gemüse, Tomaten, Zimt, Ras el Hanout mischen und mit Salz und Pfeffer abschmecken eine Art Euphoriebremse in mir auslöste. Plötzlich erkannte ich, was für ein fundamentaler Irrtum der Satz „Der Weg ist das Ziel“ ist, und dass „Augen zu und durch“ speziell in einer Küche ein eher unvorteilhaftes Credo ist. Ich war daher echt froh, dass ich das historische Vorhaben entgegen meiner Natur nicht mit Pomp und Trara angekündigt hatte. Denn so konnte ich noch rechtzeitig auf ein Rezept umschwenken, bei dem klein gehackte Gurkerln kulinarische Statisten sind, und nicht die großen Stars im Appetitzügler-Drama. Meiner Frau gefiel das Engagement so oder so. Das erkannte ich daran, dass sie mir nur fünf statt elf Tipps gab, was ich hätte besser machen können. Und das war okay. Auf jeden Fall besser als jeder ihrer Brokkoli-Woks.

Solo „Abend mit einem Mannsbild“: 23. 10. Rothneusiedl, 4. 11. Kottingbrunn, 8. 11. Mödling, 17. 11. St. Pölten.

michael.hufnagl@kurier.at

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