Wo bleibt der Kraftakt?
Der Panther hat sich Richtung armer, schwarzer Kater rückentwickelt.
Sie
Beziehungen und die Lebewesen, die darin wohnen, verändern sich. Das geht in unterschiedlichste Richtungen – etwa in die Anpassung an den anderen. Ich bin überzeugt, dass mir der Mann nebenan nach weiteren gemeinsamen 15 Jahren ähnlich sehen wird. Wo ich nach 15 gemeinsamen Jahren meinem Dackel Pauli (2005 verstorben) auch ähnlich gesehen habe. Oder er mir, das weiß ich nicht mehr so genau. Die Dinge selbst – Rituale, Gewohnheiten, Tätigkeiten – verändern sich ebenfalls. Ein Beispiel.
Geschmeidig pirschen
Einst konnte der Mann nebenan es nicht erwarten, mir seine virile Urkraft zu beweisen. Unaufgefordert schleppte er tonnenschwere Oleandertöpfe von da nach dort nach drüben, um sich danach den Männerschweiß von "The Body" zu schütteln und lässig anzumerken Nichts zu danken, Baby. Mach ich mit links. Danach pirschte er sich wie ein geschmeidiger Panther instinktiv an die nächste Herausforderung heran. Das war, bis auf ein paar Pirsch-Ausrutscher – eine schöne Zeit. Denn nun, viele Beziehungsjahre später, muss ich mir mühsam jeden Handgriff erbetteln. Heute hat sein ganzes Imponiergetue ausgedient, stattdessen gilt das "Irgendwas-ist-immer"-Prinzip, heißt: der Nacken zwickt, der Ellenbogen schmerzt, die Augerln brennen. Der Panther hat sich Richtung armer, schwarzer Kater rückentwickelt. Daheim, natürlich. Denn "auswärts", wo sich der Held mangels Kritiker ungestraft im Heldentum suhlen kann, packt er die Männerschweiß & Raubtiernummer nach wie vor aus. Angesichts verzückter Ohs & Ahs tut er alles – mitunter auch die Sache mit den Oleandertöpfen. Was er dabei gerne verschweigt: Dass daheim ein graues Pantherweib mit Gelenktinkturen wartet, um dem Tier in ihm die Pfoten zu salben.
Er
Die eine Realität ist leider, dass mir die Rolle des Jung-Siegfried tatsächlich nicht mehr auf den Leib geschneidert ist. Die Betonung liegt natürlich auf "nicht mehr". Immer wieder registriere ich, dass die Selbstverständlichkeit, mit der ich einst die Welt aus den Angeln heben konnte (= meterhohe Stapel alter Magazine fröhlich pfeifend statt ächzend fluchend zum Altpapier zu bringen), einer Vermeidungsstrategie gewichen ist. Denn, ehrlich, es zwickt und zwackt – mehr sogar, als ich zugebe, um mir argwöhnische Wortmeldungen wie "Lässt es dein vom Fußballschauen geschundener Nacken zu, dass du Hundefutter besorgst?" zu ersparen. Aber das alleine istfreilich nicht der Grund, warum mir die Aussicht auf Kleiderkommodenverrücken oder Kieselsteinsackwuchten keine fern der Bezirksgrenzen hörbare Jubelschreie entlockt.
Bekundungen
Ich vermute, dass es eher an der fehlenden Anerkennung liegt, warum die unzähligen Tätigkeiten aus der Kategorie "Ihre Ideen, meine Schuftereien" immer seltener mit einem lässigen "Des hamma gleich" zur Umsetzung gelangen. Ja, ich gestehe, dass die früheren Bekundungen à la "Jö, danke, hach, du bist so ein Schatz" irgendwie mehr Charme hatten als die kleinen gelben Pickerln, die heute auf dem Eiskasten oder dem Spiegel kleben. Auf denen nur steht: "Rosenerde nicht vergessen!" Oder "Mineralwasser ist aus!" An gutenTagen kritzelt die Liebste allerdings gerne noch ein Smiley dazu. Dann weiß ich zumindest, dass sie fröhlich ist. Und das ist auch im höheren Alter noch immer ein schönes Gefühl.
michael.hufnaglTwitter: @MHufnagl
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