Blümlein am Wegesrand

Blümlein am Wegesrand
Liebe ist ... wenn die Geschichte am Ende gelegentlich doch anders ausgeht.
Gabriele Kuhn

Gabriele Kuhn

Michael Hufnagl

Michael Hufnagl

Duhu, wir sollten wieder mal ein Wir haben uns doch lieb-Texterl schreiben

von Gabriele Kuhn

über die Szenen einer Redaktionsehe

Sie

Bei uns ist es ein bisschen wie im (schlechten) Film: Am Schluss wird eh alles gut. Zumindest auf der Bühne, wenn wir unsere paaradoxen Eheszenen vor Publikum spielen. Irgendwann hat das Raunen ("Sollten sich die zwei net besser scheiden lossn...?", oder "Nojo, wenn ich sie wäre, hätte ich ihm schon längst den Weisel gegeben") ein Ende. Denn da lesen wir unsere KK, die Kitsch-Kolumne. Ein versöhnliches, kleines Stück, das einst in der Zeitung unter dem Motto "Schreiben wir doch alle 10, 11 Kolumnen, was wir aneinander gut finden" veröffentlicht wurde.

Was vom Liebsein übrig blieb

Das ist jetzt auch schon längere Zeit her und vom 10/11-"So lieb bist du"-Kolumnen-Rhythmus ist nichts übrig, außer folgender Dialog bei Tisch: Ich: "Duhu, wir sollten wieder mal ein Wir haben uns doch lieb-Texterl schreiben". Er: "Fad. Außerdem muss ich anmerken, dass ich dich aktuell nur sehr lieb finde, wenn ich dich beim Schlafen beobachte. Was du gerade dauergrantig bist! Ich kann aber keinen Aufsatz Als ich Gnä Kuhn beim Schnarchen beobachtete formulieren. Da knackt mir das Publikum weg. Außerdem: Warum lässt du dir nicht endlich was dazu einfallen? Eine Hommage an den besten Mann nebenan der Welt oder so. Die Zeit dafür ist längst reif, finde ich." Sprach’s und setzte zum Diktat an. Im Ernst! Da goss er sich genüsslich ein Glas Muskateller ein, lehnte sich zurück und sprach: "So. Schreib. Schreib, dass ich gestern, obwohl in totaler Zeitnot, trotzdem bei dem Straßenblumenmarkt stehengeblieben bin, um jene Blumerl einzukaufen, für die du dich morgens, als ich dich, trotz totaler Zeitnot zur S-Bahn chauffiert habe, begeistert hast. Schreib, das." Ja, ich hab’s verstanden, Michi. Ich schreib’s ja eh. Und damit es jetzt wirklich alle wissen: Super hat er das g’macht.

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Er

Da darf ich jetzt ruhig ein bisserl ausschmückend in die Tiefe gehen. Die Geschichte war nämlich konkret so: Die Liebste und ich saßen im Auto und sprachen über etwas sehr Bedeutendes (die Wahl, den Weltfrieden oder das Wetter), als sie mitten im Satz kurz innehielt. Um dann sehr aufgeregt und laut "Jööö!" zu rufen, als stünde Daniel Craig als Autostopper am Wegesrand. In Wahrheit hatte sie aber nur einen jener mobilen Blumenmärkte entdeckt, die in unserer Gegend offenbar nicht öfter erscheinen als der Halleysche Komet. Sofort wurde sie daher wortreich von einer Pelargonien-Sehnsucht geflutet, die den Eindruck vermittelte, so ein Storchschnabelgewächs könnte die Wahl entscheiden, den Weltfrieden herstellen oder das Wetter für immer gut werden lassen.

Scheinbare Resignation

Ich wusste natürlich in der Sekunde, was kommen würde, nämlich der Wunsch, ich möge doch bittebittebitte ... Und verlässlich entwickelte sich sofort darauf das übliche Hin, dass ich keine Zeit, keine Lust, keinen grünen Daumen hätte. Und her, dass die Pflanzerln aber so schön, aber so günstig, aber so unverzichtbar seien. Und unser Dialog endete, wie unsere Dialoge oft enden. Mit ihrem "Ja, wurscht, lass' es!" Ein Satz, der freilich nur zum Schein gelassene Resignation vermittelt. Vielmehr ist er auf einer subtilen Ebene als "Aber freuen würde es mich halt schon sehr" berüchtigt. Die Tücke ist: Ich durchschaue es und lasse mich dennoch erweichen. Und zwar nur aus einem Grund: Ich weiß, ihre Begeisterung, sobald ich ihre blühenden Phantasien am Ende doch real werden lasse, wird von einer hinreißenden Herzlichkeit sein. Und ich könnt' mich dann glatt noch einmal in sie verlieben.

Unser nächster Paaradox-Auftritt: 25. 4. im Wiener Rabenhof.

michael.hufnagl@kurier.at

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